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© Andreas Meyer

Unglück: Zwei Kinder starben auf den Gleisen

Ein tragisches Unglück hat sich am Dienstag in Brandenburg ereignet: Zwei 13-Jährige aus Berlin sind in Groß Köris von einem Güterzug überrollt und getötet worden. Sie wollten offenbar eine Abkürzung über die Gleise nehmen.

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Groß Köris - Nur die Ponys wirken fröhlich, traben durch den Flockenwirbel, der das Kinder- und Jugenddorf Rankenheim in Groß Köris an diesem Mittwoch einhüllt. Dass sonst kaum jemand hier zu sehen ist, liegt nicht am miesen Wetter – vielmehr stehen Kinder und Erzieher noch unter Schock.

Sie trauern um Patrick F. und Geronimo I., beide 13 Jahre alt, die am Abend zuvor von einem Güterzug erfasst und getötet wurden. Dabei wollten die beiden aus Berlin stammenden Heimkinder am Dienstagabend nur kurz zum Penny-Markt, um leere Pfandflaschen abzugeben und Kaugummis zu kaufen. Doch um den Weg abzukürzen, liefen sie offenbar entlang der zweigleisigen Bahnstrecke Berlin-Cottbus. Ob der gegen 19 Uhr aus Berlin kommende Güterzug die beiden dabei erfasste oder in dem Moment, als sie versuchten, die Gleise zu überqueren, müssen die weiteren Ermittlungen ergeben.

„Die Jungen gingen entweder auf oder neben den Gleisen, als sich der Zug ihnen von hinten näherte“, sagte ein Polizeisprecher des für Groß Köris zuständigen Schutzbereiches Dahme-Spreewald. Die Kinder seien sofort tot gewesen, obwohl sie nur erfasst und weggeschleudert, aber nicht von dem Zug überrollt worden seien.

Der Lokführer habe eine Notbremsung eingeleitet, ohne Erfolg. Mit welcher Geschwindigkeit er fuhr, werde noch ermittelt. Der Lokführer erlitt einen schweren Schock. „Er wurde ärztlich behandelt und von Mitarbeitern der Bahn nach Hause begleitet“, sagte der Sprecher. Das Gleis war bis 22.45 Uhr gesperrt.

Die Ermittler haben keinerlei Erkenntnisse, dass es sich um einen Suizid oder Fremdverschulden handeln könnte, hieß es, auch sollen die Jungen nicht alkoholisiert gewesen sein. „Es war ein tragischer Unfall, davon können wir ausgehen“, sagte der Polizeisprecher.

Die beiden Jungen lebten mit zwei Dutzend anderen Kindern im Kinder- und Jugenddorf Rankenheim, das an den Zemminsee grenzt und eine „milieutherapeutisch orientierte Einrichtung“ ist, wie die stellvertretende Leiterin Corinna Schulz sagt. Das bedeutet: Hier leben Kinder und Jugendliche, „die zumeist aus sozial schwachen Familien kommen und wo es zu Hause mit der Erziehung nicht klappt“, erklärt sie. Das Heim beherberge auch Berliner, „weil wir genug Kapazitäten haben“. Mit den Kindern werde auch heilpädagogisch gearbeitet, weil viele auch körperliche Probleme haben und beispielsweise unter dem „Zappelphilipp-Syndrom“ litten.

Geronimo I. soll erst seit einer Woche in der Einrichtung gelebt haben. Patrick F. sei bereits seit einem halben Jahr dort untergebracht. „Wir sind alle sehr in Trauer und tief bestürzt“, sagt Corinna Schulz. Vor allem, weil die Kinder immer wieder von den Betreuern belehrt worden seien, dass sie nicht über die Bahnschienen gehen sollen. Die Kollegin, die am Abend des Unglücks Dienst hatte, mache sich dennoch große Vorwürfe, sagt die stellvertretende Heimleiterin. „Sie wird von ihrer Familie betreut.“

Als die Pädagogen vom Tod der Kinder erfuhren, seien zwei Betreuer sofort mit Notfallseelsorgern zu den Müttern der beiden 13-Jährigen nach Berlin gefahren, um sie persönlich zu informieren. „Die sind total zusammengebrochen“, sagt Corinna Schulz. Den anderen Heimkindern hätten die Betreuer Mittwochfrüh, kurz nach dem Wecken, erzählt, dass Patrick und Geronimo einen tödlichen Unfall hatten. „Die Kinder sind auch alle schockiert und haben geweint“, sagt Schulz. Der Schulunterricht sei ausgefallen. „Am Nachmittag wollen wir alle Kerzen aufstellen und der beiden Jungen gedenken.“ Eine der schlimmsten Aufgaben während seiner Berufszeit habe ihr Kollege gehabt, sagt Corinna Schulz. Nachdem er über Tod der beiden informiert worden war, musste er zur Kriminalpolizei nach Königs Wusterhausen fahren und die Leichen identifizieren.

Auch viele Einwohner von Groß Köris waren am Mittwoch entsetzt. „Die Heimkinder – und nicht nur sie – laufen oft an den Gleisen entlang“, erzählt ein Mann. „Da gleich nebenan die Autobahn Dresden-Berlin mit ihren lauten Geräuschen verläuft, kann man einen von hinten herannahenden Zug durchaus überhören.“

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