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SPD-Politiker Reiche

© dpa

Urteil: Freispruch - SPD-Politiker Reiche hat kein Bein gestellt

Eine Stewardess war überzeugt, dass sie der Brandenburger Bundestagsabgeordnete Steffen Reiche zu Fall bringen wollte. Im Prozess kam die Richterin zu einem anderen Ergebnis.

Im Prozess wegen eines angeblichen Angriffs auf eine Stewardess hat das Amtsgericht Tiergarten am Montag den früheren brandenburgischen Bildungsminister Steffen Reiche freigesprochen. Dem jetzigen Cottbusser Bundestagsabgeordneten der SPD war versuchte Körperverletzung vorgeworfen worden. Er war angeklagt, im Januar 2007 auf einem Flug von Brüssel nach Berlin einer Flugbegleiterin ein Bein gestellt zu haben.

Es sei nicht nachzuweisen, ob es ein Straucheln oder Stolpern überhaupt gegeben habe, hieß es im Urteil. Die Richterin äußerte sich außerdem überzeugt, dass der SPD-Politiker in jedem Fall "nicht die Absicht hatte, die Frau zu Fall zu bringen". Die Stewardess hat nach Einschätzung der Richterin "übertrieben". Reiche hatte im Prozess den Vorwurf bestritten und von einer Verleumdung gesprochen.

Reiche hatte gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt

Der Streit währte bereits seit zweieinhalb Jahren. In dem Prozess drehte sich alles um die Frage, wo die Füße von Steffen Reiche und der belgischen Stewardess Natascha O. im kritischen Moment auf dem Rückflug von Brüssel nach Berlin gewesen waren. Standen Reiches Füße tadellos unter dem Vordersitz, wie Reiche stets beteuerte? Oder ragte ein Bein ausgestreckt in den Gang und wurde absichtlich zum Stolperbein?

Es ging um versuchte Körperverletzung. "Ohne rechtfertigenden Anlass“ habe Reiche der Flugbegleiterin ein Bein gestellt, hieß es in der Anklage. „Nur durch ihre Aufmerksamkeit" habe Zeugin O., die gerade Getränkebecher einsammelte, ein Hinfallen vermeiden können. "Ich kann ausschließen, dass meine Füße zu dem Zeitpunkt im Gang standen", konterte Reiche. "Ich kann ausschließen, dass ich der Stewardess ein Bein gestellt habe." Der 48-jährige frühere brandenburgische Bildungsminister und Pfarrer im Ruhestand hatte gegen einen Strafbefehl über 3000 Euro Einspruch eingelegt und so für den Prozess gesorgt.

Reiche: Es gab keinen Disput

Im Januar war der erste Prozessanlauf geplatzt, weil die wichtigste Zeugin gerade Mutter geworden war und nicht auf Reisen gehen konnte. Am 3. Juni aber war sie da: Natascha O., 37 Jahre alt, jetzt freiberufliche Journalistin. "Der Herr war bereits beim Einstieg verärgert, weil er keine deutschsprachige Zeitung bekam", sagte die Zeugin. Dann habe es auf dem Flug SN 2589 am 12. Januar 2007 einen Disput gegeben, weil sie ihn, der in der Economyklasse saß, nicht zur Toilette in der Businessklasse ließ. Als die Landung bevorstand, habe er sie dann beinahe zu Fall gebracht. "Sein Bein ging etwa zehn Zentimeter hoch. Ich musste mich an den Sitzen festhalten."

Reiche reagierte im Prozesstermin am 3. Juni kopfschüttelnd. Nach seiner Version gab es keinen Disput – auch wenn sich die Stewardess teilweise unfreundlich verhalten und sein Weinglas unwirsch weggeräumt habe. Während des Fluges habe er sich über den Gang hinweg intensiv mit dem Klimaforscher Ottmar Edenhofer unterhalten. Der Professor bestätigte nun: "Meine und seine Beine waren unter dem Sitz." Und das mit dem Weinglas sei doch eine Petitesse gewesen. (ho/ddp/Tsp)

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