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Urteil: Rechtsextreme müssen sich der Mehrheit beugen

Nun steht es fest: Polizisten durften 2005 einen Neonazi- Aufmarsch auflösen, weil zu viele Gegendemonstranten die Straße blockierten.

Bis zum späten Nachmittag wurden am Donnerstag im Oberverwaltungsgericht Filme gesichtet. So sollte ergründet werden, ob die Polizei rechtmäßig gehandelt hat, als sie am 8. Mai 2005 eine Demonstration der NPD-Jugendorganisation zum 60. Jahrestag des Kriegsendes abbrach. Dann stand fest: Es war ein Notstand, das Handeln der Polizei rechtmäßig. Das entschied das Oberverwaltungsgericht am Abend. Es bestätigte damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts vom März 2006.

Damals ging es hoch her, eine Masse von Gegendemonstranten blockierte die Karl-Liebknecht-Straße, um die Demo zu stören, die unter dem Motto stand: „60 Jahre Befreiungslüge – Schluss mit dem Schuldkult“. Weil es so viele Gegner waren, sah die Polizei keine Möglichkeit, die Strecke für die Rechten zu räumen. Eigentlich hatte die NPD-Jugendorganisation ihren Demonstrationszug vom Alexanderplatz zum Bahnhof Friedrichstraße führen wollen. Daraus wurde nichts; vielmehr stellte die Polizei Absperrgitter rund um die Rechtsextremisten auf dem Alexanderplatz auf und brach die Versammlung gegen 16 Uhr ganz ab.

Streit entstand über die Frage, inwieweit die Polizei verpflichtet war, die Neonazi-Demo zu ermöglichen – notfalls durch Einschreiten gegen die Blockierer. Schließlich war es eine ordnungsgemäß angemeldete Demonstration einer nicht verbotenen Organisation.

Urteil in letzter Instanz

Jetzt bestätigte die zweite und letzte Instanz: Ein Einschreiten wäre nicht in verhältnismäßiger Weise durchführbar gewesen. Dem Argument der NPD, Berlin habe die Notstandslage gezielt herbeigeführt, um den Aufzug zu vereiteln, konnte das Gericht nicht zustimmen. Rechtsmittel wurden nicht zugelassen.

Eine Auseinandersetzung über die Methode, rechtsradikale Aufzüge durch eine Art „Aufstand der Anständigen“ zu verhindern, hat es auch in Brandenburg schon gegeben: Vor zwei Jahren gelang es rund 8000 Menschen in Halbe, durch eine eigene Veranstaltung eine Neonazi-Demonstration zu verhindern. Zum „Tag der Demokraten“ reisten damals Tausende an; auch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Spitzenpolitiker von Grünen und Linken kamen. Die Nazis hatten ihre Demonstration zwar früher angemeldet, dennoch gab die Versammlungsbehörde dem Aktionsbündnis zum „Tag der Demokraten“ nach Abwägung der konkurrierenden Interessen schließlich den Vorrang.

Das Oberverwaltungsgericht bestätigte später diese Entscheidung der Behörden als sachgerecht. Die Rechtsradikalen ließen an diesem Tag ihren Plan, durch Halbe zu ziehen, komplett fallen.

Fatina Keilani

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