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Brandenburg: V-Mann-Affäre: CDU beschuldigt Staatsanwaltschaft

Schönbohms Stellvertreter Petke behauptet, Ermittlungen würden verzögert – die Justiz widerspricht vehement

Von Frank Jansen

Potsdam. Die seit Wochen schwelende V-Mann-Affäre macht die CDU nervös. Der stellvertretende Landeschef und innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Sven Petke, äußerte am Freitag scharfe Kritik an der Potsdamer Staatsanwaltschaft. Der Politiker behauptete gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, die Staatsanwaltschaft ermittle seit fast zwei Jahren ergebnislos gegen den früheren Verfassungsschutz-Spitzel Christian K. Petke liegt aber mit seinen Vorwürfen offenkundig daneben. Die Staatsanwaltschaft reagierte verärgert und erwiderte, Petkes Anschuldigungen seien „grob unrichtig“. Die Anklagebehörde hatte, wie berichtet, erst im Mai dieses Jahres ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eingeleitet, Beamte der Brandenburger Sicherheitsbehörden hätten Dienstgeheimnisse verraten. Gestern weitete die Staatsanwaltschaft das Verfahren auch auf den früheren V-Mann aus.

Christian K. hatte Anfang 2001 auf noch ungeklärte Weise erfahren, dass die Potsdamer Polizei für den 17. Februar eine Razzia gegen die rechte Szene plante. Der Spitzel rief dann den Neonazi Sven S. an. Das Landeskriminalamt hörte das Telefonat ab und soll, wie es in Sicherheitskreisen heißt, die Bundesanwaltschaft unterrichtet haben, aber nicht die Potsdamer Staatsanwaltschaft.

Sven Petke unterstellte der Staatsanwaltschaft auch, ihr zögerliches Vorgehen sorge „ständig für neue Spekulationen, die vom Verfassungsschutz und der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) im Landtag dementiert werden müssen“. Damit sind vermutlich die jüngsten Berichte im Tagesspiegel und in anderen Zeitungen gemeint. Christian K. hatte kürzlich den Verfassungsschutz massiv belastet. In einem Gespräch mit dem Tagesspiegel sagte der Ex-V-Mann, der Anfang 2001 für ihn zuständige Verfassungsschützer habe ihn vor der für den 17. Februar 2001 geplanten Polizeirazzia gewarnt. Es sei ungewöhnlich gewesen, dass sein V-Mann-Führer sogar das genaue Datum genannt habe, betonte Christian K.

Der frühere Spitzel berichtete auch, der Beamte habe ihn aufgefordert, bei Befragungen zum Verrat der Razzia ein Märchen zu erzählen. Anstatt zu berichten, der V-Mann-Führer habe vor der Razzia gewarnt, sollte Christian K. behaupten, er selbst habe zufällig in der Kneipe „Pippi Langstrumpf“ in Borgwalde gehört, wie ein Polizist an seinem Handy laut über die Razzia sprach. Der V-Mann erzählte diese Geschichte dann auch, als er von einem Vorgesetzten des V-Mann-Führers vernommen wurde. Der V-Mann-Führer selbst gab nach Informationen des Tagesspiegels in einer dienstlichen Erklärung an, er habe nur „codiert“ und ohne den 17. Februar 2001 zu nennen vor bevorstehenden Polizeiaktionen gewarnt.

Als jetzt die Vorwürfe des früheren V-Manns Christian K. bekannt wurden, reagierte das Innenministerium indirekt mit Medienschelte. „Wiederholte und nicht überprüfbare Behauptungen dubiosen Ursprungs führen in der Sache nicht weiter“, sagte Ministeriumssprecher Heiko Homburg. Es sei bekannt, dass die Sicherheitsbehörden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Potsdam unterstützen, „um Licht und Klarheit in den Vorgang zu bringen“. Das Innenministerium hat am 28. Mai der Staatsanwaltschaft eine Ermächtigung für Ermittlungen in den Sicherheitsbehörden erteilt.

Die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtags wird sich vermutlich demnächst wieder mit der V-Mann-Affäre befassen. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe des Ex-Spitzels gegen den Verfassungsschutz müsse das Innenministerium neu befragt werden, sagte die der PKK angehörende PDS-Abgeordnete Kerstin Kaiser-Nicht. Die Kommission hatte sich bereits zweimal mit der Affäre beschäftigt. Hinterher verkündete stets der PKK-Vorsitzende Christoph Schulze (SPD), es gebe gar keine V-Mann-Affäre.

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