zum Hauptinhalt

Brandenburg: Verblasster Ruhm

Sandra Dassler über die Kritik des Wahlvolks am einstigen Deichgrafen ANGEMARKT Der CDUStadtverordnete in Frankfurt an der Oder konnte sich angesichts der jüngsten Wählerumfrage, die erstmals die märkische Union vor der SPD sieht, eine hämische Bemerkung nicht verkneifen. „Der SPD steht das Wasser bis zum Hals“, frohlockte er in Richtung eines sozialdemokratischen Kollegen.

Sandra Dassler über die Kritik des Wahlvolks am einstigen Deichgrafen

ANGEMARKT

Der CDUStadtverordnete in Frankfurt an der Oder konnte sich angesichts der jüngsten Wählerumfrage, die erstmals die märkische Union vor der SPD sieht, eine hämische Bemerkung nicht verkneifen. „Der SPD steht das Wasser bis zum Hals“, frohlockte er in Richtung eines sozialdemokratischen Kollegen. Der nahm’s mit Galgenhumor: „Schön wär’s – das würde uns retten“, antwortete er und brachte damit eine weit verbreitete Meinung in der SPD-Basis auf den Punkt: „Matthias Platzeck ist zu blass. Als 1997 die Jahrhundertflut über das Land hereinbrach , war der Umweltminister überall in Brandenburg bekannt und beliebt. Als Ministerpräsident wird er viel weniger wahrgenommen. Dass er immer noch mehr Sympathien als CDU-Innenminister Jörg Schönbohm hat, verdankt er seiner Zeit als Deichgraf.“

Die Genossen in den Städten und Kommunen teilen kaum noch den aus Potsdam tönenden Zweckoptimismus „Wir werden trotz allem stärkste Partei.“ Seit Monaten ist die Basis nicht nur mit dem Frust der Wähler über die rot-grüne Bundespolitik konfrontiert, sondern auch mit dem Ärger über hausgemachte Pleiten. Was die Menschen aufregt, ist nicht nur das Scheitern der Frankfurter Chipfabrik, sondern die Tatsache, dass niemand dafür verantwortlich sein will und sich die Parteien gegenseitig die Schuld zuschieben. Der Ministerpräsident hätte die Chipfabrik zur Chefsache machen müssen, ist die weit verbreitete Meinung. Dass darin die alte „Übervater–Mentalität“ aus der Zeit des Ministerpräsidenten Manfred Stolpe fortlebt, mag man zu Recht kritisieren. So lange kein anderes (Wahl-) Volk zur Verfügung steht, muss jeder Stolpe-Nachfolger damit rechnen.

Verheerend wirkt sich auch die Affäre um Ex-Verkehrsminister Hartmut Meyer aus. Dass dieser kurz nach seinem Rücktritt einen Beratervertrag mit der Bahn abschloss, empfinden viele Brandenburger als Gipfel der Geschmacklosigkeit. „Die Sozialdemokraten sind auch nicht besser“, ließ sich ein Bürger jüngst in einer Radio-Umfrage aus: „Immer nach dem Motto: Die alten Schweine haben wir vertrieben, jetzt sitzen wir selbst an den Trögen. Wahrscheinlich geht nach so vielen Jahren an der Macht jedes Unrechtsbewusstsein verloren.“ Auch bei Meyer hätte Platzeck viel früher reagieren müssen. Dafür ist er jetzt zum „Bombodrom“-Gegner mutiert. Was soll man machen, wenn weit und breit keine Jahrhundertflut in Sicht ist?

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false