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Wirtschaft: Ärger im Paradies

Wenn Baulärm, schlechtes Essen oder ein mieser Service die Ferien verderben, können Sie reklamieren

Neckermann will’s genau wissen. Um herauszufinden, ob die Gäste zufrieden sind, werden die Kunden zu Testern. Wer eine Neckermann-Reise gebucht hat, wird womöglich angeschrieben und eingeladen, die Reise zu bewerten. Nach dem Urlaub füllen die Reisenden einen Fragebogen aus. Eine Bezahlung gibt es dafür nicht: „Wir wollen, dass unsere Kunden neutral sind“, sagt Nina Dumbert von der Neckermann-Mutter Tui.

Was die Reisenden stört, haben die Veranstalter bislang erst dann erfahren, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist und sich die Kunden beschwert haben. Häufigstes Ärgernis bei Pauschalreisen: die Unterbringung. 70 Prozent aller Reklamationen betreffen das Hotel, insbesondere die Zimmer, weiß man bei der Tui. Aber auch andere Mängel können die schönsten Wochen des Jahres vermiesen: Mal ist das Essen ungenießbar, mal geht einem die Baustelle neben dem Hotel auf die Nerven. Die Rechte des Verbrauchers sind in solchen Fällen gut. Man sollte aber wissen, wie man seine Ansprüche richtig geltend macht.

Vor Ort reklamieren. Die wichtigste Regel lautet: Wer Mängel beklagt, muss dies sofort vor Ort anzeigen und Abhilfe fordern, nicht erst zu Hause. „Manche schlucken ihren Ärger runter und fordern nach der Rückkehr Schadenersatz“, sagt der Kölner Rechtsanwalt Eckhart L. W. Baum. „Doch das ist dann zu spät.“ Zuständig für die Beschwerden im Urlaub ist die Reiseleitung. Gibt es keinen Reiseleiter vor Ort, muss man direkt mit dem Reiseveranstalter in Deutschland Kontakt aufnehmen. Reiseleitung oder Reiseveranstalter müssen die Chance bekommen, die Mängel abzustellen und damit spätere Regressansprüche zu vermeiden. Ein Mangel liegt aber nur vor, wenn Sie auf bessere Verhältnisse vertrauen durften. Maßgeblich ist der Reisekatalog. Wurde dort ausdrücklich von Bauarbeiten in der Anlage gesprochen, können Sie wegen des Baulärms nicht reklamieren.

Nach der Rückkehr reklamieren. Wenn Sie aus dem Urlaub zurückgekehrt sind, können Sie wegen Reisemängeln einen Teil des gezahlten Reisepreises zurückfordern. Wie viel das ist, hängt von der Dauer und Schwere des Mangels ab. Richtwerte bietet die „Frankfurter Tabelle“ (siehe Grafik) . Die vom Landgericht Frankfurt erstellte Liste wird von vielen Gerichten herangezogen, ist jedoch nicht bindend.

Schnell handeln. Nach der Rückkehr bleibt aber nicht viel Zeit: Spätestens einen Monat nach dem Urlaubsende müssen die Ansprüche beim Reiseveranstalter schriftlich geltend gemacht werden, am besten per Einschreiben mit Rückschein. Die Mängel müssen ausführlich und vollständig beschrieben, das Minderungsverlangen muss deutlich gemacht werden. Weist der Veranstalter die Forderungen zurück, bleibt mindestens ein Jahr lang Zeit, um eine Klage einzureichen. Die Frist dafür beginnt ebenfalls mit der Rückkehr aus dem Urlaub.

Ersatz für Aufwendungen . Nach dem Urlaub können Sie den Reisepreis mindern, Sie können aber auch mögliche Aufwendungen ersetzt verlangen. Hatten Sie dem Reiseleiter vor Ort eine Frist gesetzt, um Mängel zu beheben, und hatte dieser die Frist verstreichen lassen, dürfen Sie Ersatz für Ihre Ausgaben fordern, falls Sie zur Selbsthilfe gegriffen hatten. Wurde zum Beispiel der im Reisevertrag vereinbarte Tauchkurs nicht geboten und haben Sie auf eigene Faust einen vergleichbaren Kurs gebucht, können Sie sich die Kosten dafür erstatten lassen.

Beweise vorlegen. Dass die Mängel rechtzeitig vor Ort angezeigt wurden, muss nachweisbar sein. Die Reiseleitung sollte deshalb zumindest bestätigen, dass sich der Urlauber am Tag XY beschwert hat. Ziemlich aussichtslos ist es, von der Reiseleitung eine Bestätigung der Mängel zu erhalten. So eine Art Schuldeingeständnis dürfen die Reiseleiter meist gar nicht geben. Auf der sicheren Seite befindet sich der Urlauber, wenn er noch Zeugen für seine Beschwerde bei der Reiseleitung aufbieten kann – am besten nicht den eigenen Lebenspartner, sondern einen unabhängigen Gast. Und: Bei der späteren Reklamation stehen Sie gut da, wenn Sie Beweise vorlegen können – Fotos und Videos etwa vom verschmutzten Hotelstrand oder Zeugenaussagen. Ausländische Zeugen sollten aber nur dann angeführt werden, wenn sonst keine anderen in Frage kommen. Grund: Werden ausländische Zeugen geladen, entstehen erhebliche Gerichtskosten.

Telefonische Rechtsberatung bietet die Verbraucherzentrale Berlin unter 0190/887710 (1,86 Euro pro Minute) sowie die VZ Brandenburg unter 09001/775770 (ein Euro pro Minute)

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