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Wirtschaft: Auf Sparflamme

Strom und Gas werden schon wieder teurer – wir sagen Ihnen, was Sie dagegen tun können

Die gute Nachricht vorab: Die Politik will Verbrauchern bei den Energiekosten unter die Arme greifen. Die schlechte Nachricht: Strom und Gas werden schon wieder teurer. Nach Informationen des Internetportals Toptarif.de erhöhen zum 1. Oktober 264 Grundversorger ihre Gaspreise – und das sogar bis zu 38 Prozent. Das ist Teil zwei der aktuellen Preiserhöhungswelle. Denn bereits zum 1. September hatten 141 Anbieter ihre Tarife verteuert, darunter auch die Gasag. Das Berliner Unternehmen hatte seine Preise um durchschnittlich 13 Prozent erhöht. Und auch beim Strom geht der Preisanstieg weiter. Um bis zu sechs Prozent haben zahlreiche Stadtwerke ihre Tarife im September verteuert oder planen einen solchen Schritt für Anfang Oktober. Der Berliner Platzhirsch Vattenfall hält sich dagegen zurück. Der Energiekonzern hatte seine Preise zuletzt Mitte 2007 heraufgesetzt und daraufhin in Deutschland rund 200 000 Kunden verloren. Zum 1. Januar bewegte sich Vattenfall dann in die entgegengesetzte Richtung und senkte die Preise um 1,7 Prozent.

1000 EURO MEHRAUSGABEN IM JAHR

Wo soll das noch enden?, fragen sich viele Verbraucher in Berlin. Die Wasserpreise steigen, Kochen und Heizen werden teurer. „Zwischen 500 und 1000 Euro muss ein Vier-Personen-Haushalt in Berlin in diesem Jahr mehr zahlen als im Vorjahr“, weiß Ulrich Kleemann, Energieexperte der Verbraucherzentrale Berlin – „ob man sich am unteren oder am oberen Ende befindet, hängt vom Nutzerverhalten ab“. Schon jetzt haben viele Mieter Angst vor der nächsten Heiz- und Betriebskostenabrechnung, die ihnen empfindliche Nachforderungen bescheren dürfte.

POLITIKER WOLLEN HELFEN

Doch nun naht Hilfe aus der Politik. Spitzenpolitiker aller Parteien überschlagen sich mit Vorschlägen, wie man den gebeutelten Verbrauchern helfen könnte. Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) möchte jedem Bürger eine bestimmte Anzahl von Kilowattstunden zu einem günstigen Basistarif zuteilen, die FDP schlägt vor, die Mehrwertsteuer für Energie zu senken. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) liebäugelt mit Sozialtarifen für sozial Schwache und hat dafür am Freitag Rückendeckung von den Verbraucherschutzministern der Länder bekommen. Sein Kabinettskollege Michael Glos (CSU) will die Anschaffung sparsamer Haushaltsgeräte mit einem einmaligen Zuschuss von 150 Euro unterstützen.

Holger Krawinkel, Energieexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV), hält die Anschaffungsprämie für den richtigen Weg. „Sonst dauert es zu lange, bis alte, vebrauchsungünstige Geräte durch neue Energiesparprodukte ersetzt sind“, glaubt der Verbraucherschützer. Doch anders als das Wirtschaftsministerium wollen die Verbraucherschützer die Prämien staffeln: „Für die Anschaffung eines neuen Gasherdes oder einer neuen energiesparenden Wärmepumpe sollten 100 Euro gezahlt werden, für einen neuen Trockner, einen neuen Kühlschrank oder eine neue Kühl-Gefrier-Kombination je 50 Euro“, sagte Krawinkel dem Tagesspiegel.

WECHSELN LOHNT SICH

Energie sparen ist eine Möglichkeit, trotz steigender Preise mit dem Haushaltsgeld über die Runden zu kommen. Teure Anbieter zu verlassen und zu einem günstigeren Versorger zu gehen, ist die andere Alternative. Wer den Komplettwechsel scheut, kann auch versuchen, in einen billigeren Tarif beim bisherigen Versorger zu wechseln. Das Problem: Beim Strom ist das möglich, beim Gas gibt es in vielen Ortschaften dagegen nach wie vor keinen Wettbewerb. In Berlin ist das zum Glück anders: Hier muss sich die Gasag mit anderen Anbietern wie Eprimo oder Nuon messen.

Nach einer aktuellen Studie des Bundesverbandes der Energiewirtschaft (BDEW) haben sich 62 Prozent der Privathaushalte seit Beginn der Liberalisierung vor knapp zehn Jahren für einen neuen Stromtarif oder einen neuen Anbieter entschieden. Auch beim Gas liegt der Anteil der Wechsler mittlerweile bei 21 Prozent. „Wir rechnen mit einer weiteren Intensivierung des Wettbewerbs“, sagt BDEW-Sprecher Frank Brachvogel.

DIE BESTEN STROMTARIFE

Wir haben das unabhängige und neutrale Verbraucherportal Verivox (www.veri vox.de) gebeten, die günstigsten Strom- und Gasanbieter für Berliner Kunden herauszufinden . Fazit: Besonders für Familien kann sich ein Wechsel lohnen. Ein Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden zahlt derzeit im Vattenfall-Tarif „Klassik“ 818 Euro im Jahr. Das sind 77 Euro mehr als der günstigste Tarif des Berliner Versorgers – „Berlin Easy“– kostet. Allerdings kann man „Berlin Easy“ nur im Internet buchen. Preisgünstigster Versorger für eine Familie ist die Flexstrom GmbH mit ihrem „3600er Paket“. 707 Euro kostet der Strom hier im Jahr – und damit gut 110 Euro weniger als der Vattenfall-Standardtarif „Klassik“. Aber Achtung: Bei diesem Angebot kauft man den Strom im Paket. Wer weniger verbraucht als die im Paket enthaltenen Kilowattstunden, bekommt keine Rückzahlung. Wer mehr verbraucht, zahlt zu (siehe Kasten). Zudem muss man Vorauskasse für ein Jahr leisten. Das günstigste Angebot ohne Vorauskasse und ohne Paket ist der Tarif „Berlins Best“ von Flexstrom.

Bei Singles fällt die Ersparnis im Strombereich geringer aus. Verglichen mit dem Vattenfall-Tarif „Klassik“ sind es knapp 80 Euro im Jahr. Auch hier gilt: Der günstigste Tarif, „1500er Effizienz“ von Flexstrom, ist an Vorauskasse gebunden und enthält ein Strompaket. Wer das nicht will, muss auf das zweitgünstigste Angebot ausweichen – „Berlins Best“ ebenfalls von Flexstrom. Das kostet Singles 294 Euro im Jahr – allerdings gibt es bereits für einen Aufschlag von fünf Euro Ökostrom der Firma Clevergy.

DIE BESTEN GASTARIFE

Deutlich interessanter ist der Tarifvergleich beim Gas. Denn hier gehört die Gasag, bei der die allermeisten Berliner ihr Gas kaufen, zu den teuersten Anbietern. Singles könnten durch einen Wechsel gut 120 Euro im Jahr sparen, Familien knapp 140 Euro. Und: Der preisgünstigste Versorger, die Envia Mitteldeutsche Energie AG, verlangt weder Vorauskasse noch eine Kaution.

Wie der Wechsel funktioniert, lesen Sie in unserem Kasten unten auf der Seite.

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