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Call-By-Call: Inkassobüro treibt verjährte Telefongebühren ein

Derzeit erhalten viele Telefonkunden in Deutschland Mahnschreiben für angeblich ausstehende Beträge über Jahre zurückliegende Call-by-Call-Gespräche – verbunden mit saftigen Inkassogebühren.

Die Mahnungen stammen von der Inkasso-Firma Acoreus Collection Service im nordrhein-westfälischen Neuss. Die angemahnten Beträge liegen dabei oft im einstelligen Euro-Bereich, während die Inkasso- und Bearbeitungsgebühren auch schon mal 50 Euro betragen können.

"Wir bekommen massenhaft Anrufe von Verbrauchern, die solche Schreiben erhalten haben", sagt Susanne Nowarra von der Verbraucherzentrale Berlin. Wie viele Telefonkunden genau von den Mahnungen betroffen sind, weiß sie nicht. "Aber das Problem ist schon recht massiv."

Forderungen von Fremdanbietern tauchen nicht mehr auf

Acoreus nutzt eine Besonderheit im Bezahlmodus der Festnetzbetreiber wie etwa der Deutschen Telekom. Bezahlt ein Telekom-Kunde seine Rechnung nicht fristgerecht, taucht in der anschließenden Mahnung nur noch der Betrag auf, den der Kunde der Telekom schuldet. Hat er aber auch über Call-by-Call-Verbindungen telefoniert, führt das Unternehmen diese Beträge in der Mahnung nicht mehr auf, weil sie Forderungen eines Fremdanbieters sind.

Wer nur auf die Mahnung der Telekom reagiert und den ausstehenden Betrag zahlt, bleibt die Gebühren der Fremdanbieter schuldig. "Insofern bestehen möglicherweise in vielen Fällen, die Acoreus anmahnt, tatsächlich Ansprüche gegen die Betroffenen", sagt Henrik Egli von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

Unternehmen muss Nachweis führen

Allerdings ist für die meisten der Angeschriebenen schwer nachvollziehbar, ob die Ansprüche berechtigt sind – denn die Forderungen liegen oft Jahre zurück und die Telefonrechungen längst im Altpapier.

Die Verbraucherzentralen raten deshalb, auf keinen Fall sofort zu bezahlen. Die Betroffenen sollten stattdessen einen Brief an Acoreus schreiben und die Ansprüche bestreiten. Die Beweislast liege in diesem Fall beim Unternehmen.

Verjährungsfrist beträgt drei Jahre

Falls Acoreus tatsächlich nachweisen kann, dass eine Forderung besteht, ist es nicht unwahrscheinlich, dass diese verjährt ist. "Oft melden sich Betroffene bei uns, die Forderungen aus den Jahren 2005 oder früher begleichen sollen", berichtet Egli.

Bei der Verjährung gilt eine Frist von drei Jahren. Sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Forderung entstanden ist. Doch die Verjährung greift nicht automatisch. Deshalb empfiehlt Verbraucheranwalt Egli: "In ihrem Schreiben an Acoreus sollten die Betroffenen gleich hilfsweise die 'Einrede der Verjährung' erheben." Damit weisen sie vorsorglich daraufhin, dass sie den Vorgang für verjährt halten.

Warum das Inkassobüro so viele Jahre nach der eigentlichen Rechnungsstellung aktiv wird, bleibt für die Verbraucherschützer unklar. Acoreus wollte sich auf Anfrage zunächst nicht zu den Vorgängen äußern.

Auch Verbraucherschützer betroffen

Sind die Forderungen berechtigt, sollten Betroffene in jedem Fall nur den Betrag für die nicht verjährten Nachforderungen begleichen, rät die Stiftung Warentest.

Die Inkasso-Forderungen sollten Verbraucher zunächst nicht zahlen, sondern stattdessen mitteilen, dass ihnen die Inkasso- und Anwaltskosten unangemessen hoch erscheinen.

Bei seinen Forderungen macht das Inkasso-Büro auch vor den Verbraucherschützern nicht Halt. So erhielt die Stiftung Warentest nach eigenen Angaben eine Mahnung für ein angeblich nicht bezahltes Gespräch aus dem Jahr 2004. Doch abgesehen davon, dass die Forderung ohnehin verjährt gewesen wäre, konnte die Rechnungsstelle belegen, dass es sich bereits damals um einen Abrechnungsfehler der Telefongesellschaft gehandelt hatte.

Einen Musterbrief zur Einrede der Verjährung bietet unter anderem die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein zum Download an.

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