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Wirtschaft: Der Koffer wird bezahlt, der Ärger ist umsonst

Fluglinien haften für Gepäck und bei Verspätung

Berlin - Da kommt man entspannt aus dem Urlaub zurück, steht am Gepäckband und freut sich auf zu Hause – bis man feststellt, dass der Koffer noch Ferien macht. Den Ärger entschädigt die Fluggesellschaft zwar nicht, für den Schaden aber muss sie aufkommen: Ist das Gepäck beschädigt, zerstört, falsch verschickt oder verloren, werden dem Urlauber bis zu 1230 Euro gezahlt – und zwar unabhängig, wie schwer der Koffer ist.

Taucht das Gepäck ramponiert oder gar nicht auf, dann muss das so schnell wie möglich der Fluglinie gemeldet werden – am besten schriftlich und per Einschreiben. „Die mündliche Mitteilung gegenüber der Fluggesellschaft genügt nicht“, sagt Beate Wagner von der Verbraucherschutzzentrale in NordrheinWestfalen. Die Reiseexpertin rät, das Gepäck beim Auschecken sofort zu überprüfen. Sonst gilt der Koffer bei der Übergabe als unbeschädigt, und der Urlauber muss das Gegenteil beweisen.

Doch es ist nicht nur die kaputte Tasche, die Ärger macht. Das Flugzeug hebt verspätet ab, der Passagier verpasst den Anschlussflug. Bis zu 5100 Euro muss die Fluggesellschaft in so einem Fall dem Fluggast dann zahlen – aber nur, wenn ein Schaden vorliegt, der sich in Euro und Cent messen lässt. Das ist nicht immer leicht zu beweisen und gilt nicht nur für den Urlaub: Oft platzen Geschäftsabschlüsse, man muss vielleicht eine zusätzliche Nacht im Hotel verbringen. „Der Passagier sollte alle Hotelrechnungen und Sitzungsprotokolle aufbewahren, damit er die Folgeschäden glaubhaft darlegen kann“, sagt die Verbraucherschützerin. Kein Geld gibt es bei höherer Gewalt: Kreist der Flieger wegen eines Streiks der Fluglotsen stundenlang in der Luft, oder macht ein Unwetter eine pünktliche Landung unmöglich, müssen die Fluggesellschaften nicht zahlen.

Wird der Reisende auf dem Flug verletzt, haftet die Fluggesellschaft für einen Schaden in Höhe von maximal 123000 Euro. Kann sie ihre Schuldlosigkeit nicht nachweisen, haftet sie sogar unbegrenzt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Flugzeug in Turbulenzen gerät, das Bordpersonal das Anschnallsignal vergisst, und ein Passagier, der nicht angegurtet ist, stürzt. Allerdings zahlt die Fluggesellschaft nur bei Unfällen. Leidet der Fluggast etwa an Thrombose, und er erkrankt während des Flugs, gibt es nichts.

Wer erst gar nicht an Bord kommt, weil der Flug überbucht ist, hat ebenfalls ein Recht auf Entschädigung. Ab Januar 2005 müssen die Fluggesellschaften dafür sogar mehr Geld zahlen: 250 Euro gibt es bei Flügen bis 1500 Kilometer, 400 Euro bis 3500 Kilometer und 600 Euro bei größeren Distanzen. Das Geld wird gezahlt, ohne dass ein Schaden nachgewiesen werden muss. Bis das neue EU-Recht in Kraft tritt, gibt es höchstens 300 Euro. Ist der Flug mehr als zwei Stunden verspätetet, muss die Airline Essen und Übernachtung zahlen. Bei Verspätungen von mindestens fünf Stunden, kann der Passagier das Ticket gegen Geld zurückgeben.

Offenbar gibt es Fluggesellschaften, die recht erfinderisch werden, nur um sich vor der Entschädigungszahlung zu drücken. So habe eine Fluggesellschaft den Eincheckschalter einfach geschlossen, weil der Flieger schon voll war , sagt Verbraucherschützerin Wagner. „Und dann hat die Airline behauptet, die zurückgelassenen Passagiere seien zu spät gekommen.“

Gerald Drissner

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