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Wirtschaft: Der Steuer ein Schnippchen schlagen

Das Privileg für Lebensversicherungen fällt. Beim Endspurt werden die Tücken schnell übersehen

In Deutschlands Biergärten und Pinten dürfte die Frage des Sommers lauten: Soll ich oder soll ich nicht? Da vom kommenden Jahr an das Steuerprivileg der Kapital-Lebensversicherungen fällt, hat der Schlussverkauf dieser Policen bereits begonnen. Was spricht für, was gegen einen Abschluss?

Mit dem aus Preußens Tagen stammenden Steuerprivileg konnten Vertreter immer schön auf Kundenfang gehen. Denn bislang waren die Lebensversicherungen sogar doppelt begünstigt: Einerseits lassen sich die Versicherungsprämien als Vorsorgeaufwendungen bis zu einer Höchstgrenze von der Steuer absetzen, andererseits sind die Auszahlungen von der Steuer befreit. Diese Vorteile bleiben erhalten, wenn ein Kunde noch in diesem Jahr seinen Vertrag unterschreibt.

Was dafür spricht: Wer als Kunde in der Lage ist, eine größere Summe zu investieren, etwa aus einer Erbschaft, kann mit einem Abschluss bis Ende des Jahres durchaus gut fahren. Das Risiko, den Vertrag vorzeitig stornieren zu müssen, entfällt dann. Zwar ist es grundsätzlich für die Steuerfreiheit nötig, dass mindestens fünf Jahre lang Beiträge gezahlt werden. Die Lebensversicherer haben dafür das „5+7“-Modell entwickelt: Die Einmalzahlung landet in einem verzinsten Depot, aus dem der Versicherer über Jahre Beiträge entnimmt. Die restlichen sieben Jahre läuft die Police beitragsfrei weiter. Den Steuervorschriften ist damit Genüge getan – nach zwölf Jahren kommt das Geld mit Zinsen steuerfrei zurück.

Das „5+7“-Modell eignet sich auch für Fondspolicen – vorausgesetzt, der Lebensversicherer hat geringe Kosten und eine große Auswahl von Fonds. Das Geld abzüglich der Verwaltungskosten fließt dann über fünf Jahre nach und nach in einen Investmentfonds. Das ist vorteilhaft, weil der Kunde sowohl gute als auch schlechte Zeiten an der Börse mitnehmen kann. Außerdem spielt das Anlagegeschick des Lebensversicherers keine Rolle, denn das Geld wird nicht vom Lebensversicherer verwaltet, sondern von der Kapitalanlagegesellschaft des Fonds. Der Lebensversicherer reicht nach Abzug seiner Kosten den verbleibenden Rest nur weiter.

Beamte und Selbstständige: Beamte müssen sich wenig Sorgen um ihr Einkommen machen, ihr Job ist sicher. Daher sind langfristige Finanzplanungen leichter. Selbstständige dagegen müssen sich sowieso selbst um ihre Altersvorsorge kümmern. Zwar wird künftig das Vorsorgesparen mit der „Rürup-Rente“ gefördert, wonach künftig 20 000 Euro steuerfrei eingesetzt werden können; doch den Steuervorteilen in der Ansparphase steht die volle Besteuerung im Alter gegenüber. Außerdem sind bei dieser geförderten Form der Altersvorsorge im Gegensatz zur Kapitallebensversicherung nur Renten als Auszahlung erlaubt.

Was dagegen spricht: Persönliche Verhältnisse: Der Abschluss einer Kapitallebensversicherung ist nur dann sinnvoll, wenn der Vertrag bis zum Ende hin durchgehalten wird. Da der Kunde in den ersten Jahren der Laufzeit im Wesentlichen für die Abschlusskosten zahlt, führt eine frühzeitige Kündigung je nach Anbieter zu hohen Verlusten. Der „Rückkaufswert“ entspricht oft nur einem Bruchteil der gezahlten Prämien. Außerdem greift das Steuerprivileg nur dann, wenn der Vertrag mindestens zwölf Jahren lang besteht. Wer um seinen Job fürchten muss oder aus anderen Gründen keine verlässliche Finanzplanung aufstellten kann, sollte den Abschluss besonders sorgfältig überlegen.

Unklare Branchensituation: Die schwere Krise bei den Lebensversicherern, die zur Insolvenz einer Gesellschaft führte (Mannheimer Leben), gilt zwar weitgehend als überstanden. Doch weiterhin herrscht keine Klarheit, welche Anbieter mit dem schwierigen Kapitalmarkt gut zurechtkommen werden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass selbst renommierte Gesellschaften sich böse verspekulieren können. „Wirklich Verlass ist nur auf die garantierten Leistungen. Die aber sind derzeit jämmerlich“, sagt der gerichtlich zugelassene Versicherungsberater Michael Kronenberg. Der so genannte „Garantiezins“ beträgt seit Jahresanfang 2004 nur noch 2,75 Prozent. Bereinigt um die Kosten, kommt am Ende eine effektive Rendite von weniger als einem Prozent heraus.

Neues Versicherungsrecht: Der Gesetzgeber beabsichtigt, das Versicherungsrecht zu reformieren. Die Eckpunkte dazu wurden jüngst veröffentlicht. Kommt es wie geplant, steht sich der Verbraucher beim Abschluss nach neuem Recht deutlich besser. So sollen die Lebensversicherer künftig einen Mindestrückkaufswert in den ersten Jahren der Vertragslaufzeit von 50 bis 65 Prozent der gezahlten Prämien bieten. Voraussichtlich ab 2006 wären also jene besser dran, die wegen einer Notlage den Vertrag stornieren müssen.

Geringe Steuerlast: Wer tatsächlich fürs Alter sparen will, kann auch mit der geplanten Steuer auf Kapitallebensversicherung leben. Denn wenn der Vertrag mindestens bis zum 60. Lebensjahr läuft, muss nur die Hälfte des – fiktiven – Kapitalertrages versteuert werden. Fiktiv bedeutet: Das Finanzamt rechnet nicht exakt nach, wie viel von der Auszahlung tatsächlich Kapitalertrag ist. Stattdessen errechnet sich der Kapitalertrag pauschal aus dem Auszahlungsbetrag abzüglich der gezahlten Beiträge. Dadurch ergibt sich immer noch ein Steuervorteil, denn bei exakter Berechnung würde der Anteil für das Finanzamt deutlich größer ausfallen.

Die Steuerlast hängt dann vom persönlichen Steuersatz ab. Wird die Police erst während des Ruhestandes fällig, ist der Steuersatz wegen möglicherweise geringer anderer Einkünfte ebenfalls gering.

Unter Umständen entwickeln die Lebensversicherer Vertragsgestaltungen, mit denen sich die Steuer weiter reduzieren lässt. Denn würden sie ihren Kunden jährliche Gutschriften erteilen, die sofort wieder in die Police zurückfließen, könnte zum Beispiel der Sparerfreibetrag genutzt werden.

Andreas Kunze

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