zum Hauptinhalt

Do it yourself auf dem Buchmarkt: "Guck mal, hab ich selbst gemacht!"

Immer noch auf der Suche nach dem richtigen Weihnachtsgeschenk? Wie wäre es denn mal mit was Selbstgemachtem? Wir haben vier Bücher gefunden, die weltklasse Design für wenig Geld möglich machen. Nur basteln muss man sie selber.

Gibt es etwas Schöneres, als ein Geschenk zu überreichen mit den Worten: „Hier, für dich. Hab ich selbst gemacht.“? Aber wer macht so was schon? Die Zeiten, in denen sich Mutti noch über alles freute, sind vorbei. Und mit zunehmenden Alter hat man das mit dem Selbermachen auch irgendwie verlernt. Es gibt ja alles zu kaufen.

Aber dann passiert was Seltsames: Die perfekten Produkte von der Stange verlieren ihren Reiz. Das Ikea-Retorten-Wohnzimmer wird plötzlich zum Schreckgespenst der Moderne. Auf der Suche nach mehr Individualität liegt Do it yourself – früher hieß es „Heimwerken“ - wieder im Trend.

Das spiegelt sich auch auf dem Buchmarkt wider, wo neue Titel denjenigen auf die Sprünge helfen, die das Handwerk verlernt haben.

Doch die Ansprüche sind gestiegen. Es darf ruhig etwas Besonderes sein. Das Label „handgemacht“ entschuldigt kein einfallsloses Design. In den hier vorgestellten Titeln teilen Top-Designer ihre Baupläne und Produktideen bereitwillig mit jedermann. Ob clever, funktional oder einfach nur billig – auf die richtige Idee kommt es an, um aus alten Materialien etwas Neues zu schaffen. Es geht nicht darum, die Produkte eins zu eins nachzubauen. Die Bücher sollen anregen und den Leser ermutigen, vom reinen Konsumenten zum Produzenten zu werden. Wenn der Trend anhält, muss sich Ikea etwas einfallen lassen.

„Mach Neu aus Alt – Welt retten, Geld sparen, Style haben“
Der Untertitel suggeriert es schon: Hier haben wir es mit einer wahren Recycling-Bibel zu tun. Neben hunderten von nützlichen Alltagstipps (oder: „Lifehacks“) lernt man aber auch noch eine Menge über Designgeschichte, insbesondere über das so genannten Readymade-Design, also das Umdeuten von Alltagsgegenständen. Das ist fesselnd, witzig und macht Mut. So erfährt man zum Beispiel, dass auch die Profis nicht alles können: Tord Boontje wurde mit seinen schlecht gebauten Möbeln aus gebrauchten Materialien berühmt. Der Fokus auf Materialien, die man normalerweise weg werfen würde, eröffnet faszinierende Möglichkeiten. Am liebsten möchte man sich einen Flachbildfernseher bestellen, nur um mit der Versandverpackung zu experimentieren. Aber das ist natürlich Blödsinn. Da hilft nur eins: Das Buch so schnell wie möglich verschenken!

„Made by yourself“

In diesem sehr übersichtlichen Band findet man sortiert nach Materialien viele Ideen und Inspirationen, die Lust aufs Basteln und Ausprobieren machen. Die Gegenstände sind toll in Szene gesetzt, fast sieht es aus wie ein Hochglanz-Katalog. Man ahnt es: Die Materialien, mit denen hier hantiert wird, sind nicht ganz billlig.

Auch Ikea hat noch nicht ausgedient. Designer Peter Fehrentz wandelt die Kommode „Malm“ zum Dot-Art-Unikat ab. Der Vorteil: geht schnell und erlaubt dennoch ein individuelles Wohnen. Das so genannte Ikea-Hacking ist aber keine ureigene Erfindung, sondern wird auf bestimmten Blogs schon seit Jahren zelebriert.
Wer zum ersten Mal einen Sessel neu polstert, Leder vernäht oder mit Dekorspachtelmasse hantiert findet die Anleitungen wahrscheinlich etwas zu kurz geraten. Wenn das Ergebnis dann nicht ganz so nach Hochglanz-Chic aussieht wie im Buch, ist der Frust vorprogrammiert. Doch Übung macht den Meister und wer sich noch nicht so viel handwerkliches Geschick zutraut, kann mit etwas einfacherem anfangen. Die Angaben zu Zeitaufwand und Schwierigkeitsgrad sind hier sehr hilfreich.

"Do It Yourself Möbel"

Im Gegensatz zu „Mach Neu aus Alt“ beschäftigt sich dieser Band ausschließlich mit brandaktuellen Design-Objekten. Aber auch hier werden hauptsächlich recycelte Materialien und Alltagsgegenstände verwendet. 27 Designer(-Büros) haben sich für das Buch über die Schulter schauen lassen. Simpel-geniale Konstruktionen wie das Dreiecksregal von Jae Won Cho oder das Split-Box-Regal von Peter Marigold haben den Titel „verrückte Projekte“ ohne Zweifel verdient.

Zum Nachbauen, aber auch zum Drin-Wohnen sind viele der Konstruktionen aber eher was für die Profis und Liebhaber von eigenwilligem Design. Da helfen auch die ausführlichen Bauanleitungen nicht viel.

Die Vorstellung, dass man sich preisgekrönte Designs theoretisch in die eigene gute Stube holen kann, ist trotzdem schön. Die Beitexte, in denen die Intention und Inspiration des Designers erklärt werden, machen das Buch eher zur Pflichtlektüre für Design-Studenten und wohnästhetische Feingeister, weniger für die Hobby-Handwerker.

Hartz IV Moebel.com

Das Buch hat seinen Nutzwert schon in seinem früheren Leben als Blog ausreichend unter Beweis gestellt. Stücke wie der 24-Euro-Sessel oder der Berlin Hocker wurden hundertfach nachgebaut und haben in Berlin Kultstatus erlangt. Warum also jetzt das Buch, wenn es doch die Bauanleitungen kostenlos im Netz gibt? Nun: Im Gegensatz zum Tablet-PC kann man das Buch am Druckrand lochern und an die Wand nageln, während man der Schritt-für-Schritt-Anleitung folgt. Einen Mehrwert bietet das Buch zudem durch einen Blick in die „Community“. Der Leser sieht, wie gemütlich es sich mit den Billig-Möbeln leben lässt und erfährt mehr über das Leben der Hobby-Architekten. Dieses letzte Kapitel macht das Taschenbüchlein weniger zu einem Heimwerker-Ratgeber, sondern zu einer Hommage an einen Lebensstil. Die Macher teilen nicht nur ihre Baupläne, sondern auch ihre Philosophie. Dass das Buch über Crowdfunding finanziert wurde – eine Selbstverständlichkeit. Höchste Punktzahl für dieses Extra an „Credibility“ für den Berufs-Rapper und Architekten Le van Bo.

Punktabzug gibt es für das Layout, das für eine zweisprachige Ausführung (Deutsch und Englisch) und die kleinteiligen Zeichnungen etwas zu kurz gekommen ist.

Alles in allem ist das Buch ein super Geschenk für Hobby-Heimwerker und Neuberliner, die nach dem Umzug, Kaution und erster Mietzahlung erst mal wenig Budget für die Einrichtung übrig haben.

Die Titel im Überblick

Henrietta Thompson: Mach Neu aus Alt – Welt retten, Geld sparen, Style haben. Edel Verlag (2009). 272 Seiten, Hardcover. 24,95€. ISBN 978-3-941378-25-4

Peter Fehrentz: Made by yourself – Individuelle Möbel und stylishe Designobjekte – Ideen, Materialien, Anleitungen zum Selbermachen. DVA Verlag (2012). 144 Seiten. 29,99€. ISBN 978-3-421-03866-1. Auch als E-Book mit Videoclips erhältlich.

Christopher Stuart: Do it yourself Möbel – 30 verrückte Projekte. Haupt Verlag (2011). 144 Seiten. 24,90€. ISBN 978-3-258-60036-9

Van Bo Le-Mentzel (Hrsg.): Hartz IV Moebel.com – Build more buy less! Konstruieren statt konsumieren. Hatje Cantz Verlag (2012). 144 Seiten. 12,99€. ISBN 978-3-7757-3395-3

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false