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Wirtschaft: Drei, zwei, eins – renoviert

Im Internet können Verbraucher Aufträge versteigern. Der günstigste Anbieter bekommt den Zuschlag

Wer sein Haus oder seine Wohnung renovieren will, muss heute nicht mehr die Gelben Seiten wälzen. Es geht bequemer: Aufträge lassen sich bei Handwerkerbörsen im Internet versteigern. Die Auktionen bei My-hammer.de, Quotatis, Jobdoo oder Blauarbeit.de funktionieren aber anders als etwa Ebay – sie laufen rückwärts, der Nutzer kann seinen Auftrag mit einem Maximalpreis versehen. Die Anbieter – Trockenbauer, Fliesenleger oder Kranführer – müssen diesen unterbieten, um den Auftrag zu ersteigern. Mit der Ausführung haben die Portale nichts zu tun. Wer unzufrieden ist oder sich über den Tisch gezogen fühlt, muss das mit dem Handwerker selbst regeln.

Nach Ablauf der Auktion gibt es bei den Börsen große Unterschiede. Bei My-hammer.de, nach eigenen Angaben die größte Börse, wählt der Computer den billigsten Anbieter aus. Zwar kann der Nutzer einen anderen wählen, muss dies aber binnen 14 Tagen tun – sonst gilt der Günstigste als gebucht. Während der Auktion sind die Daten der bietenden Handwerker unter Verschluss, damit nicht an der Versteigerung vorbei Absprachen getroffen werden. Bei My-hammer zu bieten ist gratis, für vermittelte Aufträge zahlt der Handwerker zwei bis vier Prozent Provision an die Börse. Das Geschäft läuft: Die 2005 gestartete Seite hat 110 000 Mitglieder; pro Tag sind 7000 Aufträge in mehr als 30 Rubriken wie Garten- und Landschaftsbau oder Parkett- und Teppichböden im Netz.

Einen anderen Schwerpunkt hat die Börse Quotatis. Dort gibt es nicht nur Auktionen, sondern auch eine Vermittlung, über die man Handwerker unverbindlich kontaktieren kann. „Die Anfrage wird stärker genutzt als die Auktion“, sagt Alexander Bugge, Marketingleiter der Firma. Auch bei Quotatis zahlt der Handwerker eine Provision, die sich je nach Auftragshöhe von knapp zwei bis knapp zehn Prozent erstreckt.

Kostenlos arbeitet Blauarbeit.de. Mit etwa 4000 Aufträgen täglich gehört sie zu den Großen. Hier gibt es keine Auktion, bei der die Uhr tickt, sondern Anfragen, zu denen Handwerker ihr Gebot abgeben können. Dafür müssen weder Auftraggeber noch Arbeitnehmer bezahlen. Die Firma bietet gegen Aufpreis weiteren Service: Man kann sich eine Homepage gestalten lassen oder eine unbegrenzte Zahl an Aufträgen einstellen. Blauarbeit.de betreibt auch einen Blog und Profile, in denen man die Qualifikation der Dienstleister und die Bewertungen durch andere Auftraggeber sehen kann.

Dagegen versteigert die kleine Börse Work 5 aus Berlin keine Aufträge, sondern will „ein Branchenbuch sein, nur besser“, wie Geschäftsführer Oliver Andreas sagt. Work 5 gibt es erst seit Januar, pro Tag gibt es 300 Aufträge. Eine Provision wird nicht fällig, wohl aber ein Mitgliedsbeitrag. „Handwerker können sich auf unserem Portal nach den Gesetzen des Marktes bewerben und selbstverständlich auch höhere Gebote abgeben“, sagt Andreas.

Einen Nachteil haben alle Börsen: Verbraucher können nur schwer einschätzen, ob die Handwerker Qualität oder Pfusch abliefern. Bei allen gibt es Profile der Handwerker und oft Bewertungen früherer Kunden. Die meisten Portale prüfen zudem, ob Meisterbrief und Gewerbeschein vorliegen. Blauarbeit.de errechnet aus Nutzerkommentaren und Qualifikationen einen Qualitätsindex. Quotatis hat ein Bewertungssystem mit Schulnoten, und My-hammer schließt Dienstleister aus, die oft schlechte Arbeit leisten oder sich nicht an die Spielregeln halten. Die Handwerkskammer empfiehlt Konsumenten, vorher anzufragen, ob die Anbieter bei ihr eingetragen sind.

Auch für Auftragnehmer gibt es Risiken. „Wenn der Handwerker die Baustelle nicht kennt und einen Preis akzeptiert, kann das zu erheblichen Folgekosten führen“, sagt Jürgen Wittke, Geschäftsführer der Berliner Maler- und Lackiererinnung. Er sieht reine Auktionen skeptisch, auch wegen der „dünnen Datenlage“. Am Telefon würde kein Handwerker einfach einen Preis festlegen. Die Handwerkskammer kritisiert den Preisdruck durch die Versteigerungen. „Jeder Handwerker muss selbst wissen, ob er mitmacht, aber die Dumpingpreise sehen wir mit Sorge“, rät eine Sprecherin.

Die Börsen weisen die Kritik zurück. „Durch unsere Plattformen schließen wir Lücken in Auftragsbüchern. Außerdem geht es nicht immer nur um den billigsten Anbieter, sondern um ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis“, findet Quotatis-Marketingmann Bugge. My-hammer glaubt sogar, gegen Schwarzarbeit zu kämpfen. „Bevor ein Handwerker gar nicht oder schwarz arbeitet, nimmt er doch lieber einen günstigen Auftrag gegen Rechnung bei uns an“, sagt eine Sprecherin. Wer lieber keinen Auftrag im Internet abschließen möchte, kann sich zumindest einen schnellen Eindruck über Firmen und Auftragslage in der Region verschaffen.

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