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Wirtschaft: Ein Traum zerschmilzt

DAS TESTURTEIL: 3 PUNKTE0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen Ich war acht Jahre alt, als ich das Paradies entdeckte. Ein Ort, der noch besser war als die Süßigkeitenregale im Kiosk von Frau Kupke, besser als das Schlaraffenland – das Schokoladenmuseum in Köln.

DAS TESTURTEIL: 3 PUNKTE

0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen

Ich war acht Jahre alt, als ich das Paradies entdeckte. Ein Ort, der noch besser war als die Süßigkeitenregale im Kiosk von Frau Kupke, besser als das Schlaraffenland – das Schokoladenmuseum in Köln. Dort gibt es einen Brunnen, aus dem Schokolade fließt, warm und cremig ergießt sie sich ins Becken, aus dem sie für die Besucher mit knusprigen Waffelstreifen geschöpft wird. Köstlich! Fortan wollte ich nur noch eines, einen solchen Brunnen daheim bei uns im Wohnzimmer. Zum Geburtstag, zu Weihnachten – ich wünschte mir nichts sehnlicher. Doch meine Sehnsucht blieb unerfüllt: Ich bekam die Ritterburg von Playmobil, eine Puppe, die sprechen und pinkeln konnte, nur der Brunnen war nie dabei.

Doch manchmal gehen sie doch noch in Erfüllung, die großen Wünsche. Mein Schokobrunnen hat 69,90 Euro gekostet, er ist 33 Zentimeter hoch und heißt Jelo Gastro Mini Schokobrunnen (online zu bestellen bei jeloshop.de). Im Preis inbegriffen ist ein Starterkit: Ein Beutel feinster belgischer Schokoladenfüllung, Bambusholzspieße und Reinigungstücher. Das Prinzip ist simpel: In die untere Schale wird die geschmolzene Schokolade gefüllt (alternativ kann sie auch in dieser Schale erhitzt werden), dann wird der Motor angestellt, und eine Schraube setzt die Schokolade in Bewegung, so dass sie nach oben fließt, um sich dann wieder in die Schale zu ergießen.

Zu Heiligabend habe ich den Brunnen samt Zubehör zu meinen Eltern nach Köln gebracht. Zum Dessert haben wir Schalen mit Erdbeeren, Bananen- und Apfelstückchen auf den Tisch gestellt. Ich habe in der Küche den zugeschweißten Beutel mit Schokolade im Wasserbad erhitzt. Als ich ihn dann – wie vorgeschrieben – nach einer Viertelstunde aus dem Topf gefischt habe, ist es passiert: Die feine belgische Schokolade, cremig und warm, ergoss sich in das siedende Wasser. Fassungslos starrte ich auf den Beutel, sah zu, wie sich durch ein Loch, das da nicht sein durfte, der Inhalt leerte.

„Tja, wird wohl wieder nichts mit dem Paradies“, hat meine Mutter gesagt. Aber so schnell gebe ich nicht auf. Ich habe die Schokoweihnachtsmänner, die eigentlich unsere Nachbarskinder geschenkt bekommen sollten, genommen, ihnen die Köpfe abgeschlagen und zertrümmert. Die Schokobröckchen habe ich in die untere Schale des Brunnens gefüllt. Dann habe ich noch eine zerkleinerte Tafel Schokolade dazugetan und den Schalter fürs Erhitzen gedrückt. So sollte es laut Bedienungsanleitung ja auch gehen. Mit dem Hinweis, dass es 30 Minuten und länger dauern könnte, bis die Schokolade geschmolzen ist.

Schweigend saßen wir am Tisch warteten. Die vorderen Schokostückchen schmolzen recht schnell, die hinteren blieben hart. Am Ende haben wir aufgegeben. Dennoch bekommt der Brunnen von mir drei Punkte. Denn vielleicht wäre ohne das Loch im Beutel alles gut geworden. Vielleicht ist das Paradies doch möglich. Nicht nur im Schokoladenmuseum, sondern auch bei mir zu Hause.

Dagmar Rosenfeld

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