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Wirtschaft: Eingebauter Rückenwind

Annette Kögel testet ein Fahrrad mit Hilfsmotor

DAS TESTURTEIL: 7 Punkte

0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen

Ganz ehrlich: Das letzte Mal, dass ich so richtig lange Fahrrad gefahren bin, liegt schon einen Sommer zurück. Das hat seine Gründe. Erstens besitzt mein Billigbike nur drei Gänge, und das ist auf Dauer einfach zu lahm. Außerdem steht in der Tagesspiegel-Redaktion keine Dusche zur Verfügung, um sich nach schweißtreibender Strampelei frisch zu machen. Doch jetzt könnte es ein Rad schaffen, neben den vielen Rädern der Kollegen im Hof angeschlossen zu werden.

„Emove“ heißt das Zweirad. Schon der Name klingt gut, aber das Rad des Traditionsherstellers Hercules hat es auch in sich: Es besitzt einen versteckten Hilfsmotor, der ist taktvoll in der Hinterradnabe eingelassen. Und weil weder der Hochleistungsakku noch die Tretunterstützung Geräusche von sich geben, fährt man völlig unauffällig mit integriertem Rückenwind.

Auf dem „Emove“ sitzt es sich sehr bequem. Wenn man anfährt, schaltet sich der unsichtbare Turbo erst nach einer Pedalumdrehung dazu – damit man bei einbeinigem Antreten aus dem Stand nicht ungewollt einen Satz nach vorne macht. Je nach eigener Verfassung oder jener des Geländes lässt sich die Tretunterstützung auf die Stufen Eco, Normal, Power oder Off einstellen. Mir erging es bei der Probefahrt folgendermaßen: Wenn schon, denn schon, mit voller Power, das macht am meisten Spaß. Füße hochlegen geht aber nicht: Die Elektrohilfe schaltet sich nur zu, wenn man tritt. Will man die Intensität der Unterstützung am Lenkerdisplay vor Ampel oder Berg regeln, muss man allerdings unpraktischerweise immer eine Hand vom Griff nehmen – da könnten die Konstrukteure noch nachbessern. Mit dem rechten Lenkergriff lassen sich die sieben Gänge dagegen bequem hochschalten. Ach, hätte das Rad doch nochmal so viele, denn wenn man erst mal unterwegs ist, könnte es noch viel schneller gehen! Da spürt man auch die 29 Kilo, die das „Emove“ inklusive Motor wiegt, nicht.

Doch die Leute von Hercules wissen schon, warum sie die Bremse ziehen. Schließlich ist das Rad vor allem für ältere Menschen gedacht, für Leute mit viel Einkauf oder Kinderfahrzeuganhänger hinten dran – und eben für Geschäftsleute, die unzerzaust und ohne einen Tropfen Schweiß im Konferenzzimmer erscheinen möchten. 1999 Euro kostet das Rad mit Rückenwind bei Hercules- Händlern in der Grundausstattung, da machen die paar Cent fürs Aufladen der Batterie an der Steckdose den Kohl nicht mehr fett, eine Ladung hält der Anzeige nach rund 50 Kilometer. Bei den Spritpreisen dieser Tage kann sich die Investition lohnen – und Luxusräder ohne Motor kosten auch nicht viel weniger.

Annette Kögel

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