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Wirtschaft: Gasag unter Druck

Nach dem BGH-Urteil fordern Politiker: Der Gasversorger Gasag soll freiwillig 300 000 Kunden Geld zurückzahlen. So schaffe das Unternehmen Rechtssicherheit, erweise sich als kundenfreundlich und verhindere eine Prozesslawine.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) gegen den Versorger Gasag wächst der Druck auf das Unternehmen, allen seinen rund 300 000 Kunden, die einen der beanstandeten Verträge abgeschlossen haben, Geld zurückzuzahlen – und zwar unabhängig davon, ob sie formal einen Rechtsanspruch darauf haben, oder nicht. „Die Gasag sollte jetzt allen betroffenen Kunden das zu viel gezahlte Geld zurückerstatten, und nicht nur denjenigen, die unter Vorbehalt gezahlt haben“, sagte Ludwig Burkardt, Vorstandsmitglied der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU) am Donnerstag.

So schaffe die Gasag Rechtssicherheit, erweise sich als kundenfreundlich und verhindere eine Prozesslawine. Der BBU versteht sich als Dachorganisation von 362 Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften in der Region, die zusammen gut 1,1 Millionen Wohnungen bewirtschaften.

Der BGH hatte am Dienstag eine bis Anfang 2007 gebräuchliche Preisänderungsklausel in Gasag-Tarifen „Vario“ und „Aktiv“ für unwirksam erklärt. Diese hatte der Gasag erlaubt, die Preise nach oben und unten „anzupassen“, den Versorger aber nicht verpflichtet, die Preise auch zu senken, sobald seine Bezugskosten fallen. Rund 300 000 Gasag-Sondervertragskunden haben Verträge mit dieser Klausel abgeschlossen. 50 000 davon hatten zwei Erhöhungen um 0,5 Cent je Kilowattstunde im Oktober 2005 und Januar 2006 nur unter Vorbehalt gezahlt. Nur diese kleinere Gruppe hätte nach Einschätzung der Berliner Verbraucherzentrale eine gute Chance, Ansprüche gegen die Gasag notfalls vor Gericht einzuklagen. Die 250 000 anderen Kunden, die die Tariferhöhungen klaglos hinnahmen, hätten wohl schlechte Karten.

„Für diese Kunden würde ich mir eine Kulanzregelung der Gasag wünschen“, sagte Volker Thiel, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Das Unternehmen sollte ihnen 50 Prozent der Summe erstatten, die sie wegen der beiden Erhöhungen mehr zahlen mussten. Nach Experteneinschätzungen dürften die Rechnungen der Vertragskunden, von denen die meisten nicht nur mit Gas kochen, sondern auch heizen, wegen der Tarifanhebungen um 100 bis 200 Euro gestiegen sein – je nach Verbrauch. Jene 50 000 Kunden, die damals nur unter Vorbehalt gezahlt haben, sollten in jedem Fall den gesamten Betrag erstattet bekommen, fordert FDP-Mann Thiel.

Das sieht die Fraktionschefin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Franziska Eichstädt-Bohlig, ähnlich. Die Kunden, die die Preiserhöhung damals geschluckt haben, sollten die Hälfte bis zwei Drittel des Betrages zurückerhalten, vielleicht auch zeitlich gestaffelt. „Ich glaube nicht, dass die Gasag finanziell daran zerbricht. Und es wäre ein sympathischer Zug“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Von alldem will man bei der Gasag nichts wissen. „Es gibt für uns keinen Grund, unsere Kunden zu entschädigen, weil wir sie nicht geschädigt haben“, sagte Gasag-Sprecher Klaus Haschker gestern. Er könne den Kunden nicht viel Hoffnung machen. Sogar der eine anonyme Privatmann, der mit seiner Kritik am Tarif am Montag in Karlsruhe Recht bekommen hatte, hat noch kein Geld zurückbekommen. In seinem Fall geht es um 180 Euro. „Wir warten die Urteilsbegründung ab“, sagte Haschker.

Im Berliner Senat gibt man sich nicht so gelassen. „Ich erwarte von der Gasag, dass sie die Kunden zeitnah informiert, wie sie die Ansprüche erstattet will“, sagte Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke), der Staatssekretär der Senatsverwaltung Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz.

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