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© dpa

GEFÄHRLICHE PRODUKTE: Giftig, gammlig, ungesund

Lebensmittelskandale und Rückrufaktionen erschüttern das Vertrauen der Verbraucher. Doch die Konsumenten können sich wehren: Wie man gefährliche Produkte erkennt – und wer haftet.

Viele Verbraucher sind verunsichert. Ob gefährliches Spielzeug aus China oder Gammelfleisch an Berliner Döner-Buden, Gefahren lauern überall. Aber was können besorgte Kunden tun? Wir beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen rund um das Thema Produktsicherheit.



1. WELCHE PRODUKTE KÖNNEN GEFÄHRLICH SEIN?

Eigentlich alle: Blei in Babylätzchen, explodierende Laptop-Akkus, Acrylamid in Kartoffelchips und fehlerhafte Auto-Elektronik – Produkte aus allen Lebensbereichen wurden in den vergangenen Monaten wegen Schadstoffbelastung oder Sicherheitsmängeln aus dem Verkehr gezogen.

Allein die deutschen Lebensmittelkontrolleure wurden im vergangenen Jahr über 60 000 Mal fündig, am häufigsten beim Fleisch. Gerade jetzt wird Berlin wieder von einem Gammelfleischskandal erschüttert, bei dem Schlachtabfälle millionenfach zu Döner Kebap verarbeitet worden sind. Bei Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens ist das Sicherheitsrisiko bei billigen Leuchtmitteln, Mehrfachsteckdosen und Küchengeräten besonders hoch. Aber auch bei Spielzeug und Werkzeugen wird oft gegen Richtlinien verstoßen.



2. BEI WELCHEN HERKUNFTSLÄNDERN SOLLTE MAN BESONDERS VORSICHTIG SEIN?

Die Gewerbeaufsicht beanstandete 2006 knapp 1100 Elektrogeräte und Spielwaren. Aufmerksam sollten Käufer beim Aufdruck „Made in China“ werden: Mehr als ein Drittel der gefährlichen Produkte kamen aus dem Reich der Mitte. Das heißt aber nicht, dass Autos oder Elektrogeräte, die in deutschen Fabriken zusammengeschraubt werden, ungefährlich sind. Immerhin stammt fast jedes fünfte gefährliche Produkt aus Deutschland. Bei 27 Prozent konnten die Kontrolleure nicht zurückverfolgen, wo die Produkte hergestellt wurden, weil Herkunftsangaben auf den Verpackungen fehlten. Solche Produkte sollten gar nicht gekauft werden. Dasselbe gilt für Lebensmittel, die nicht mit Namen und Anschrift des Herstellers gekennzeichnet sind, und bei denen Angaben über die Inhaltsstoffe fehlen.

3. SIND TEURE PRODUKTE UNGEFÄHRLICH?

Preise geben bei Elektrogeräten wichtige Hinweise auf die Qualität. „Bei Heimwerkerartikeln, die zu Schleuderpreisen verkauft werden, ist die Qualität mies“, sagt Hubertus Primus, Chefredakteur des Magazins „test“. Ganz anders kann es da schon wieder bei Kosmetikprodukten aussehen. „Billige Sonnencremes sind oft genauso gut wie Markencremes“, so Primus.

Bei Lebensmitteln ist ein hoher Preis keine Sicherheitsgarantie: Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch fand kürzlich in Markenchips deutlich mehr giftiges Acrylamid als in günstigen No-Name-Chips vom Discounter. So enthält ein Pringles-Chip so viel Acrylamid wie 34 Chips der Lidl-Eigenmarke, fand Foodwatch heraus.

4. AUF WELCHE PRÜFSIEGEL KANN MAN SICH VERLASSEN?

Spielzeug und Elektrogeräte tragen in Deutschland das CE-Zeichen. Hersteller verleihen sich dieses Zeichen in Eigenregie, eine Prüfung durch eine neutrale Prüfstelle ist nicht vorgeschrieben. Verbraucherschützer halten es deshalb für gefährlich, sich auf das Zeichen zu verlassen. Sie empfehlen, Produkte mit dem GS- oder VDE-Siegel zu kaufen. Allerdings seien viele Fälschungen im Umlauf. Manchmal findet sich das CE-Zeichen sogar auf Kleidungsstücken, obwohl es dafür gar nicht gilt. Plumpe Plagiate seien oft an Rechtschreibfehlern zu erkennen. Ob Produkte das Siegel zu Recht tragen, kann man bei den Prüfstellen TÜV und beim Verband der Elektrotechnik nachfragen.

Im Lebensmittelbereich gibt es eine unüberschaubare Zahl von Prüfzeichen. Die höchsten Ansprüche erfüllen BioProdukte. Echt bio sind allerdings nur solche Produkte, die das sechseckige Bio-Siegel tragen. Umfassende Informationen zu jedem einzelnen Siegel gibt es im Internet unter www.label-online.de



5. GARANTIERT „MADE IN GERMANY“ SICHERHEIT?

Nein. Erstens sind in Deutschland produzierte Waren nicht automatisch sicher, zweitens wird „Made in Germany“ von keiner zentralen Stelle kontrolliert. Das Label ist irreführend, weil die Produkte nicht vollständig, sondern nur zu einem großen Teil hierzulande hergestellt werden müssen. Vorsicht außerdem bei Lebensmitteln mit regionalen Herkunftsbezeichnungen. „Schwarzwälder Schinken“ trocknet und reift zwar im Schwarzwald, das Fleisch kann aber aus ganz anderen Regionen oder Ländern stammen.

6. SIND EMPFEHLUNGEN VON VERKÄUFERN ZUVERLÄSSIG?

„Nein“, sagt Hubertus Primus. Die Stiftung Warentest prüft in regelmäßigen Abständen Verkaufspersonal. Das Urteil: „Die Service-Qualität ist generell schwach.“ Zuletzt wurden Matratzenhändler geprüft – jeder Zweite bekam die Note „mangelhaft“ verpasst.

Verbraucherschützer empfehlen, sich vor dem Einkauf gut zu informieren und den Verkäufer mit konkreten Fragen zu konfrontieren. An den Antworten sei die Beratungsqualität schnell zu erkennen.

7. WELCHE VORKEHRMASSNAHMEN KANN ICH NACH DEM KAUF TREFFEN?

Neue Elektrogeräte sollten nicht gleich in Dauerbetrieb genommen werden. Wenn möglich, nicht über Nacht laufen lassen. Bei Steckern und Elektrogeräten sollte von Zeit zu Zeit überprüft werden, ob sich die Geräte überhitzen. „Wärmeentwicklung ist normal, aber wenn man sich die Finger verbrennt, läuft auf jeden Fall etwas falsch“, sagt Sicherheitsexperte Hans-Jörg Windberg.

Kleidungsstücke sollten vor dem ersten Tragen gewaschen werden. Spielzeug sollte auf scharfe Kanten und lockere Kleinteile untersucht werden. Übrigens: Stofftiere mit aufgenähten Knöpfen gehören nicht ins Kinderzimmer.

8. AN WEN KANN ICH MICH WENDEN, WENN ICH BEDENKEN HABE?

Für Produktmängel ist in Deutschland die Gewerbeaufsicht zuständig. Mit Hinweisen, zum Beispiel auf gefährliches Spielzeug, sollte man sich direkt an das Gewerbeaufsichtsamt wenden, das für die Herstellerfirma zuständig ist. Welches das ist, erfährt man unter www.icsms.de.

Mit Hinweisen auf gesundheitsgefährdende Lebensmittel oder unhygienische Verkaufsräume geht man am besten zur Stadtverwaltung, die dann Lebensmittelkontrolleure losschickt.

9. WAS GILT BEIM ONLINEKAUF?

Für Onlinekäufe und den Versandhandel gelten dieselben Ratschläge wie für konventionelle Einkäufe. Weil die Produkte vorher nicht begutachtet werden können, sollte noch mehr auf die Prüfzeichen geachtet werden. Mit Vorsicht sind nach Meinung von Verbraucherschützern Second-Hand-Shops und Internettauschbörsen zu genießen. Solche Portale würden häufig dazu genutzt, Fälschungen in Umlauf zu bringen.

Johannes Pennekamp

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