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Wirtschaft: Gut angelegt

In Deutschland ist ethisches Investment noch immer ein kleiner Markt – allerdings mit hohen Renditen

Wer beim Geldanlegen an Umweltschutz, Tierversuche oder Kinder in asiatischen Nähfabriken denkt, wird in Deutschland gerne noch belächelt. Dabei kann sich ethisches Investieren nicht nur für das eigene Gewissen lohnen, sondern auch für den Geldbeutel.

Die Wertentwicklung so genannter Ethik- oder Nachhaltigkeitsfonds ist stattlich: Nach Zahlen des Sustainable Business Institute (SBI) an der European Business School in Oestrich-Winkel haben ethisch und ökologisch ausgerichtete Fonds in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres um durchschnittlich 19,8 Prozent an Wert zugelegt. Zum Vergleich: Das deutsche Börsenbarometer Dax stieg im gleichen Zeitraum um gut 17 Prozent, der amerikanische Dow-Jones-Index verlor sogar leicht an Wert. „In den vergangenen Monaten sind vor allem die Fonds gut gelaufen, die einen relativ hohen Anteil an erneuerbaren Energien hatten“, erklärt Paschen von Flotow, Geschäftsführender Vorstandsvorsitzender des SBI.

Am besten schnitt in den ersten drei Quartalen der Fonds New Power P der Gesellschaft Adig Investment ab: Er schaffte eine Wertsteigerung von mehr als 60 Prozent. Aber auch die Renditen ethisch-ökologisch ausgerichteter Fonds konnten sich sehen lassen: So schaffte der Fonds Lux Eco Tech der Investmentgesellschaft Activest immerhin noch gut 32 Prozent.

„Unsere Studien haben gezeigt, dass es keine großen Unterschiede zu konventionellen Fonds oder Indizes gibt“, erklärt Michael Schröder vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Er und seine Kollegen untersuchen die wichtigsten Indizes für nachhaltige Investitionen und vergleichen diese mit konventionellen Börsenbarometern. Ergebnis: Bei der Wertentwicklung schneiden die nachhaltigen Indizes teilweise etwas besser ab. Allerdings ist das Risiko dafür leicht höher, die Indizes schwanken etwas stärker.

Trotz ihrer guten Entwicklung führen ethische Anlageformen in Deutschland weiter ein Nischendasein. „Wir hinken gegenüber Großbritannien, den Niederlanden und Skandinavien deutlich hinterher“, sagt SBI-Chef von Flotow. Er schätzt, dass in Europa im laufenden Jahr rund 500 Milliarden Euro nachhaltig investiert werden. „Der Anteil von Deutschland ist dabei verschwindend gering.“ Als größter Markt in Europa gilt Großbritannien. Noch weiter verbreitet ist ethisches Investment jedoch in den USA, wo Schätzungen zufolge bereits mehr als jeder zehnte Dollar nach ethischen Kriterien investiert wird. Von Flotow macht vor allem kulturelle Gründe dafür verantwortlich. „In Deutschland diskutieren wir ethische Fragen sehr viel grundsätzlicher“, sagt der Ökonom, „das passt mit der Logik der Kapitalmärkte nicht zusammen.“ In den angelsächsischen Ländern „probiert man es aus“.

Vor allem in den USA gibt es viele Fonds, die religiös motivierte Moralvorstellungen bedienen und deshalb mit einfachen Ausschlusskriterien arbeiten: Verpönt sind zum Beispiel Firmen, die Geschäfte mit Alkohol, Tabak oder Glücksspiel betreiben. Je nach religiöser Ausrichtung oder Moralvorstellung können aber auch andere Branchen ausgeschlossen werden. „Ein gutes Beispiel ist die Anti-Baby-Pille“, sagt Petra Kachel vom Deutschen Aktieninstitut (DAI). „Manche Leute investieren aus ethischen Gründen in die Produktion, weil sie das Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern bremst, andere wollen ein solches Unternehmen auf keinen Fall in ihrem Portfolio haben.“

Kachel rät Anlegern deshalb, sich genau über die Fonds zu informieren. Zuviel Ideologie sei dabei nicht hilfreich, wenn man gleichzeitig noch Rendite und Sicherheit anstrebe. Das DAI empfiehlt darum den in Europa stärker verbreiteten Best-in-class-Ansatz, der grundsätzlich keine Branchen ausschließt. Die Fondsmanager picken sich die Unternehmen aus der jeweiligen Branche heraus, die ökologisch, sozial oder ethisch am besten abschneiden.

So kommt es, dass zum Beispiel auch ein chemielastiges Unternehmen wie Henkel in vielen Ethikfonds und Indizes vertreten ist. Auch die meisten anderen Dax-Unternehmen schaffen es in einen der rund 150 Fonds und Indizes, die das SBI auf seiner Internetseite gelistet hat. Lediglich Linde, Lufthansa und Thyssen-Krupp sind dort nicht zu finden. Die Deutsche Telekom, die Allianz und das Softwareunternehmen SAP sind dagegen die bei den Managern der Ethik-Fonds beliebtesten Dax-Unternehmen.

Weil viele institutionelle Investoren auch auf ethische oder ökologische Kriterien achten, wird eine gute Beurteilung für die Unternehmen immer wichtiger.

Ein Beispiel für den aufkommenden Druck institutioneller Investoren ist das Carbon Disclosure Projekt (CDP), in dem sich mehr als 150 Banken, Versicherungen und Pensionsfonds zusammengeschlossen haben. Sie fordern die 500 größten Börsenunternehmen dazu auf, ihre Klimarisiken, Emissionen und Umweltstrategien offen zu legen. Mit dabei sind im CDP unter anderem die Allianz, die Münchener Rück, die Bank HSBC sowie große amerikanische und niederländische Pensionsfonds. Zusammen verwalten die Geldgeber ein Gesamtvermögen von rund 21 Billionen US-Dollar. Wer ihrer Aufforderung nicht folgt und seine Klimastrategie nicht transparent macht, wird auf der Internetseite von CDP veröffentlicht.

Stefan Kaiser

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