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Wirtschaft: Jetzt wird Riester beliebt

Immer mehr Menschen holen sich Rentenzuschüsse vom Staat – auch das Angebot wächst

Nach ihrer Einführung 2002 sah es so aus, als würde sie zum Ladenhüter – doch jetzt boomt die Riester-Rente. Allein im ersten Halbjahr 2006 entschieden sich laut Bundesarbeitsministerium 1,1 Millionen Menschen für die zusätzliche Altersvorsorge. Ihr Namensgeber, der ehemalige Bundesarbeitsminister Walter Riester, wird vielleicht so etwas wie späte Genugtuung empfinden.

Nicht nur die Nachfrage, auch das Angebot wächst ständig. Wer mitriestern will, muss sich im Moment zwischen mehr als 3700 Produkten entscheiden. Als Grundmodelle dienen Rentenversicherung, Banksparplan und Fondssparplan (siehe Kasten). Knapp 80 Prozent der insgesamt 6,4 Millionen Bundesbürger, die derzeit eine Riester-Renten-Police in der Schublade haben, haben sich für die Versicherungs-Variante entschieden. Allerdings haben die Verträge, die bei der privaten Altersvorsorge auf Aktienfonds setzen, zuletzt kräftig aufgeholt: Die Zahl der Fonds-Riesterverträge schnellte im ersten Halbjahr auf 811 000 hoch – Mitte vorigen Jahres waren es erst 345 902. Trotzdem gibt es immer noch rund 25 Millionen Bundesbürger, die auf eine Riester-Police verzichten, obwohl sie eigentlich ein Recht auf die staatliche Förderung hätten. Ein Fehler, meint die Stiftung Warentest. Ein Riester-Vertrag sei die ideale Basis für eine zusätzliche Renten-Vorsorge, sagt Finanztest-Chef Hermann-Josef Tenhagen. „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.“

Das Prinzip der Riester-Rente ist einfach. Man legt einen bestimmten Teil des Einkommens für das Alter zurück und bekommt dafür Zuschüsse vom Staat. Je nach Einkommen und Kinderzahl können sich die Kunden bis zu 100 Prozent ihrer Sparsumme vom Staat bezahlen lassen. Aktuell schießt der Bund jährlich 114 Euro zu, dazu kommen je Kind weitere 138 Euro (siehe Grafik). Finanztest hat ausgerechnet, dass bereits die staatlichen Zulagen zu einer ansehnlichen, sicheren Rendite führen, auch wenn die Anlage selbst gar keinen Gewinn mehr abwerfen sollte. So bekommt ein 30-jähriger Single mit 52 500 Euro brutto pro Jahr 2,6 Prozent auf Staatskosten, einerseits durch die Zulagen, andererseits durch Steuererstattungen. Voraussetzung für den staatlichen Zuschuss ist, dass der Riester-Sparer mindestens drei Prozent seines rentenbeitragspflichtigen Einkommens (höchstens 1575 Euro) einzahlt. Eine Familie mit drei Kindern erhielte also für 2006 und 2007 insgesamt bestenfalls 528 Euro vom Staat – geschenkt. 2008 steigt die Grundzulage auf 154 Euro, pro Kind werden dann 185 Euro gezahlt (siehe Tabelle). Dafür muss der Riester-Kunde jedoch vier Prozent vom Einkommen fürs Alter sparen. Allerdings: Bei der Sparquote werden die staatlichen Zulagen mitgerechnet, der Anleger kann sie also von seinen Eigenleistungen abziehen. Je geringer das sozialversicherungspflichtige Einkommen, desto niedriger ist also auch der Eigenanteil. Doch auch für einen Gutverdiener ist ein Riester-Vertrag interessant: Er kann seine Sparleistung als Sonderausgaben von der Steuer abziehen. Ab 2008 steigt die abzugsfähige Summe auf 2100 Euro.

Anspruch auf Riester-Förderung hat grundsätzlich, wer in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, aber auch zum Beispiel Auszubildende und Beamte. Selbstständige, die nicht pflichtversichert sind, erhalten keine Förderung.

Begonnen hat der Riester-Boom 2005. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen hat der Gesetzgeber das hochkomplizierte System Riester etwas überschaubarer und transparenter gestaltet: So gibt es inzwischen sogenannte Unisex-Tarife, wodurch Frauen bei gleicher Sparhöhe, aber längerer Lebenserwartung am Ende die gleiche Monatsrente erhalten wie Männer. Zudem können sich Riester-Sparer zu Rentenbeginn 30 Prozent des Kapitals auf einmal auszahlen lassen, nur 70 Prozent fließen in die monatliche Rente. Drittens hat der Staat den bürokratischen Dschungel gelichtet, der zuvor vor dem Vertragsabschluss lag. Nicht zuletzt haben auch neue Regelungen beim Vertrieb den Riester-Renten-Absatz angekurbelt. Die Motivation, einen Riester-Vertrag zu verkaufen, ist gestiegen.

Ab kommendem Jahr soll zu den bisherigen Riestervarianten Versicherung, Banksparplan und Fondssparplan noch eine vierte hinzukommen. Als bescheidener Ersatz für die gestrichene Eigenheimzulage soll ein „Wohn-Riester“ eingeführt werden. Jeder soll die Möglichkeit haben, eigene Sparquote und staatliche Zulagen zur Tilgung einer Immobilien-Hypothek zu verwenden – vorausgesetzt, Wohnung oder Haus werden vom Sparer selbst genutzt. Um die Einzelheiten ringt derzeit die große Koalition.

Veronika Csizi

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