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Kalt erwischt: Richter stärken Gasag-Kunden

Der Berliner Versorger Gasag steht erneut vor einer juristischen Niederlage. Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits am 13. Oktober beschlossen, dass er ein Urteil des Berliner Kammergerichts vom Oktober 2008 nicht zur Revision zulassen wird.

Berlin - Draußen wird es kalt und ungemütlich. Eigentlich Zeit, dass bei den Managern der Gasversorger die Laune steigt: Heizsaison. Doch auch in ihren Chefetagen wird das Klima dieser Tage frostiger: Allein in dieser Woche haben deutsche Gerichte zwei Urteile gesprochen, die empfindlich in die Preispolitik der Wärmeversorger eingreifen und die Rechte ihrer Kunden stärken. Am Dienstag erklärte das Hamburger Landgericht eine Preisanpassungsklausel der Eon-Tochter Eon Hanse für ungültig, am Mittwoch dann der Bundesgerichtshof BGH einen ähnlichen Passus in Verträgen der SWB (ehemals Stadtwerke Bremen). Und auch dem Berliner Versorger Gasag steht jetzt ein herber Rückschlag bevor.

Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits am 13. Oktober beschlossen, dass er ein Urteil des Berliner Kammergerichts vom Oktober 2008 nicht zur Revisionsverhandlung annehmen wird. Das Berliner Gericht hatte vor einem Jahr entschieden, dass die Gasag 38 klagenden Kunden Geld zurückzahlen muss, das der Versorger ihnen im Zuge einer Preiserhöhung ab Oktober 2005 zusätzlich abgenommen hat. Um ganze elf Prozent hatte die Gasag damals die Tarife angehoben, was in Berlin große Empörung auslöste. Einige Kunden klagten mit Unterstützung der Verbraucherzentrale erfolgreich bis zum Kammergericht, aber die Gasag wollte das Urteil nicht akzeptieren.

Der BGH fällte nun einen sogenannten Hinweisbeschluss. Das bedeutet konkret: Bis zum 12. November kann die Gasag Stellung nehmen oder den Revisionsantrag zurückziehen. So oder so: Der Antrag wird abgelehnt, dann wird das Urteil rechtskräftig. Ein Gasag-Sprecher sagte am Donnerstag lediglich, dass die Hausjuristen den Vorgang noch prüfen wollen.

Die 38 Kläger könnten ihr Geld dann zurückerhalten. Andere Kunden, die die damalige Preiserhöhung damals klaglos hingenommen haben, müssten noch in diesem Jahr klagen, damit ihr Anspruch nicht verjährt. Daniel Buchholz, umweltpolitischer Sprecher der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, forderte am Donnerstag die Gasag auf, von sich aus allen 300 000 Sondervertragskunden zumindest teilweise eine Erstattung zu zahlen. „Wer seinen Kunden nachteilige Preisklauseln in die Verträge schreibt, muss auch die Konsequenzen tragen. Das gilt unabhängig davon, dass die Gasag ihre Preise zuletzt wiederholt gesenkt hat“. Das Unternehmen müsse sich auch fragen lassen, ob es verantworten könne, dass die eh schon strapazierten Berliner Gerichte mit einer kleinen Prozesslawine überzogen werden.

Dass es zu so einer Klagewelle kommt, wäre einem Mann nur recht: Bernd Ruschinzik, der Rechtsexperte der Berliner Verbraucherzentrale, sagt: „Ich kann nicht verstehen, warum viele Leute den Gang vor Gericht scheuen, obwohl sie dort doch gute Chancen haben, ihr Recht und ihr Geld wiederzubekommen“. Er war es, der das Verfahren der 38 gegen die Gasag maßgeblich koordinierte. Und er bereitet auch schon die nächste Sammelklage vor: Nachdem der BGH im vergangenen Juli nach der Klage eines Berliner Rentners eine Gasag-Preisanpassungsklausel für ungültig erklärt hatte, die in den Tarifen Gasag-Aktiv, Vario und Fix zu finden waren, rief Ruschinzik Kunden auf, ihm Unterlagen zuzuschicken. Rund 50 Fälle hat der Experte jetzt ausgewählt und will diese Ende November beim Amtsgericht Tiergarten als Einziehungsklage einreichen. Bei dem Verfahren treten die Kunden die Ansprüche an die Verbraucherzentrale ab. „Insgesamt beträgt der Streitwert mehr als 100 000 Euro“, sagt Ruschinzik.

Weil der Experte nicht alle Kunden betreuen kann, hat die Verbraucherzentrale einen 15-seitigen Leitfaden zusammengestellt, in dem genau erklärt wird, wie Gasag-Kunden ihren Anspruch berechnen und welche Unterlagen sie im Klagefall zusammenstellen müssen (abrufbar unter www.vz-berlin.de). „Da steht, wie man’s macht. Klagen müssen die Leute schon selber“, sagt Ruschinzik.

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