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Wirtschaft: Kindersicherung fürs Handy

Neue Tarife sollen den Nachwuchs vor überhöhten Rechnungen schützen. Der Verbraucherministerin geht das nicht weit genug

Berlin - Freds Handy gurrt neuerdings, wenn einer anruft. Das macht Fred an, weil er ja selbst eine Taube ist. Eines Tages sieht er die Handyrechnung: 179,20 Euro für den gurrenden Klingelton, ein Taubenlogo und etliche Taubenbilder. Fred klappt zusammen, das ist zu viel.

Klingeltöne, Bilder und Spiele: „Die Angebote für derlei Handyaccessoires stürmen in Werbespots nur so auf Kinder und Jugendliche ein“, warnt Bernd Ruschinzik, Rechtsexperte bei der Berliner Verbraucherzentrale. Und verführen Kinder und Jugendliche unter anderem mit vermeintlichen Monats-Sparabos für 4,95 Euro dazu, ihr Taschengeld aus dem Fenster zu werfen. Neue Handyverträge sollen nun Kinder und Jugendliche vor überhöhten Rechnungen schützen.

Kinder können sich im beschränkt geschäftsfähigen Alter bis einschließlich 17 Jahren zwar gar nicht verschulden, sagt Ruschinzik. Denn das Gesetz sieht für Minderjährige nur geringe Geschäftsmöglichkeiten vor, etwa den Kauf einer „Bravo“, nicht jedoch den Abschluss eines Handyvertrags. Das Ziel der neuen Jugendhandys sei aber, den Kindern zu verdeutlichen, dass sie nicht „über ihre Verhältnisse leben dürfen“. Dies, so der Jurist weiter, sei „die wichtigste Lehre fürs künftige Erwachsenenalter“. Ab 18 Jahren allerdings müssen Jugendliche für ihre Rechnungen in vollem Umfang selbst aufkommen.

Marktführer in dem lukrativen Geschäft mit Klingeltönen und Logos ist Jamba. Die Berliner Firma bewirbt ihre Produkte sehr aggressiv im Fernsehen und spricht damit gezielt Kinder und Jugendliche an. Den richtigen Umgang mit dem Handy will dagegen die Zeichentricktaube Fred lehren. Sie ist Hauptfigur in der Lernsoftware „Handykurs mit Polly und Fred“ des Instituts für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (FWU).

Das Handy gehört für viele Kinder heute längst zum Alltag. Laut einer Studie des Münchner Instituts für Jugendforschung telefoniert bereits jedes zweite Kind im Alter von elf und zwölf Jahren mobil – doch viele tappen dabei in die Kostenfalle. Das hat Verbraucherministerin Renate Künast auf den Plan gerufen. Ihre Forderung: Günstige Handyangebote, die es den Eltern erlauben, die Kosten besser zu überwachen. Die Mobilfunkfirmen T-Mobile, Vodafone und Mobilcom sind der Forderung nachgekommen und haben spezielle Tarife für Jugendliche entwickelt. O2 bereitet nach Angaben einer Sprecherin ebenfalls ein Angebot vor. E-Plus dagegen will auf ein spezielles Angebot für Jugendliche verzichten. Prepaid-Handys, also Handys mit vorausbezahlten Telefonkarten, deren Guthaben man abtelefonieren kann, seien für die Kostenkontrolle ausreichend.

Und so funktionieren die Jugendtarife: Mit einer einmaligen Gebühr von rund 20 Euro bei einem Startguthaben von zehn Euro kaufen Eltern bei T-Mobile eine zusätzliche Handykarte. Vertragspartner sind also die Eltern. Sie können bestimmen, ob die Handykarte ihres Kindes monatlich mit zehn, 25 oder 50 Euro aufgeladen wird. Die Abrechnung erfolgt über ihren Vertrag. Das Budget für Gespräche und immer neue Klingeltöne ist also begrenzt.

„Diese Angebote sind ein Anfang“, sagt Tanja Thiele, Sprecherin im Verbraucherministerium. „Wir hätten gern, dass alle Unternehmen solche Verträge anbieten.“ Auch bei den bestehenden Angeboten sieht sie Nachholbedarf: „Es wäre schön, wenn die Tarife günstiger würden.“

Immerhin sind die Jugendtarife günstiger als die Tarife herkömmlicher Prepaidkarten. Beim Vodafone-Jugendtarif etwa kostet der Anruf ins Festnetz 30 Cent pro Minute, eine SMS schlägt mit 15 Cent zu Buche. Zum Vergleich: Im Prepaid-Tarif kostet der Anruf 39 Cent und die SMS 19 Cent. Sicherer sind die Jugendhandys auch: Die 0190er-, 0137er- oder 0138er- Nummern, mit denen man teure Dienste abrufen kann, sind automatisch gesperrt. Das geht dem Verbraucherministerium Künast jedoch nicht weit genug. Teure Premium-SMS-Dienste müssen Eltern extra sperren lassen. „Das ist erstmal eine Hemmschwelle“, kritisiert Thiele.

Den „Handykurs mit Polly und Fred gibt es bei FWU in München, Telefon: (089) 6497-444, Internet: www.fwu.de

Martin Benninghoff

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