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Konsumentenmacht: Köhler ermahnt Verbraucher

Der Bundespräsident fordert einen bewussten Konsum. Dazu müsse dem Verbraucher aber auch die nötigen Informationen zur Verfügung gestellt werden.

Berlin - Der Bundespräsident nimmt sich Zeit. Am Stand der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg lässt sich Horst Köhler ein Spiel erklären, mit dem Schulklassen und Hortgruppen einiges über gesunde Ernährung lernen sollen. Beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) informiert sich der Bundespräsident über schadstoffarme Autos und Autoreisezüge. Sein Interesse wirkt echt: „Der wollte wirklich was wissen“, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin des VCD, Heidi Tischmann.

Vor seinem Rundgang hatte der Bundespräsident der Politik ins Gewissen geredet. Vor rund 500 Vertretern aus der Verbraucherszene, aus Wirtschaft und Politik mahnte Köhler am Montag auf dem ersten Deutschen Verbrauchertag in Berlin eine bessere Information der Bürger an. „Nur wer verlässliche Informationen hat, kann die Unternehmen belohnen, die gute Dinge unter Einhaltung hoher Umwelt- und Sozialstandards produzieren.“ Köhler wünscht sich ein Siegel auf EU-Ebene, das Verbrauchern den Überblick erleichtert. Notfalls solle Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen. Aber auch die Verbraucher sieht Köhler in der Verantwortung; jeder Konsument könne dazu beitragen, dass „die Erde nicht ramponiert wird“.

Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) warnte dagegen davor, den Einfluss der Politik zu überschätzen. Es sei nicht einfach, sich mit verbraucherpolitischen Themen Gehör zu verschaffen. „So ganz ideal ist die Verortung im politischen System nicht“, gab Seehofer zu bedenken. Er setze eher auf Kooperation als auf Konfrontation, sagte der Minister und reagierte damit indirekt auf die Kritik der obersten deutschen Verbraucherschützerin, Edda Müller. Müller, die ihren Vorstandsposten beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) Ende des Monats altersbedingt an Gerd Billen abgibt, hatte Seehofer zuvor Untätigkeit vorgeworfen.

Der Verbraucherminister kündigte an, spätestens im Herbst Vorschläge für eine strengere Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln vorzulegen. Diese solle neben normalen Lebensmitteln auch gentechnisch veränderte Nahrungsmittel umfassen. Zudem verlieh er Müller zum Abschied die Professor-Niklas-Medaille des Ministeriums und ermunterte sie, sich weiter zu Wort zu melden.

Bei ihrem letzten großen Auftritt äußerte die Verbandschefin noch einmal Kritik an der Verbraucherpolitik. Viele Kunden würden gern Produkte kaufen, die ökologisch und unter Beachtung von ethisch-moralischen Gesichtspunkten fair produziert sind, sagte Müller, „aber ihnen fehlen die Informationen“. Ohne diese könne der Verbraucher seine Rolle als mündiger Konsument aber nicht ausüben. „Der mündige Verbraucher ist angesichts der Informationsdefizite eine Fiktion“, kritisierte Müller. Sie sieht auch erhebliche Mängel bei der Verbraucherbildung: „Viele Menschen können nicht beurteilen, wann ein Fisch frisch ist, oder wissen nicht, wann welches Gemüse Saison hat“. Einen Verbraucher kann sie aber nicht gemeint haben: Horst Köhler kennt sich seit seinem Standbesuch bei gesundem Essen aus. Heike Jahberg

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