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Lebensmittel: Kartoffelchips mit roten Punkten

Verbraucherschützer fordern eine Ampelkennzeichnung für Lebensmittel. Auf den ersten Blick sollen Konsumenten Kalorien und Fettgehalt erkennen können.

Berlin - „Naturals“ nennt sie der Hersteller, zu deutsch etwa „Die Natürlichen“. Seine Kartoffelchips hat das Snackunternehmen in Sonnenblumenöl frittiert und dadurch – nach eigenen Angaben – die gesättigten Fettsäuren um 65 Prozent reduziert, das Ganze dann noch mit Meersalz und Pfeffer natürlich gewürzt. „Klingt fast wie Mittelmeer-Kost“, sagte Gerd Billen, der Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), am Mittwoch in Berlin. Der Snackhersteller würde kaum widersprechen.

Nur: Mit der Realität hat das wenig zu tun. Fett- und Salzgehalt der Chips sind hoch, mit 530 Kilokalorien pro 100 Gramm haben sie kaum weniger als herkömmliche Kartoffelchips. Für die Verbraucherschützer ein typisches Beispiel dafür, dass die Industrie ihre Kunden bewusst irreführt. „Durch die Angabe von Mini-Portionen und die Annahme eines zu hohen Tagesbedarfs wird der Zucker- und Salzgehalt eines Produkts relativiert“, sagte Billen.

Zwischen Verbraucherschützern, Ernährungskonzernen und der EU ist darüber ein zäher Streit entbrannt. Der VZBV fordert die EU zu einer klaren Kennzeichnung des Fett-, Salz- und Zuckergehalts in verpackten Lebensmittel mit Hilfe einer Ampel auf. Die Idee ist simpel. Mit Hilfe der Ampelfarben rot, gelb und grün wird der Gehalt an Fett, Salz, Zucker und gesättigten Fettsäuren auf der Vorderseite von Chips- oder Müslipackungen ausgewiesen, damit Verbraucher die Produkte besser vergleichen können. Rot steht für einen hohen, Gelb für einen mittleren, Grün für einen niedrigen Gehalt. Das gibt es bisher nur in Großbritannien.

Doch die Ernährungsindustrie will davon nichts wissen. Sie hält die Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Lebensmittel für falsch – und plädiert stattdessen für eine freiwillige Kennzeichnung. „60 Prozent der verpackten Lebensmittel tragen schon heute eine Nährwertkennzeichnung – Tendenz steigend“, argumentieren die Unternehmen, die viel Geld investieren, um den Eindruck zu erwecken, dass ihre Produkte mit einem gesunden Leben durchaus vereinbar sind.

Doch das Umfeld wird rauher, die EU- Kommission plant eigene Kennzeichnungsvorschriften. Der Grund: Viele Kinder werden immer dicker – und damit zu einer wachsenden Belastung für die Gesundheitssysteme. In Deutschland seien bereits 15 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen übergewichtig, sechs Prozent sogar krankhaft fettleibig, sagte Ulrich Fegeler vom Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte. Sie seien erheblich gefährdet, später an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes zu erkranken.

VZBV-Chef Billen geht davon aus, dass die EU-Kommission ihren Vorschlag spätestens im Februar vorlegt. Die Pläne von Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) nannte er enttäuschend. Dieser hatte vorgeschlagen, die Kalorien plus die Anteile an Fett, Zucker, gesättigten Fettsäuren und Salz auf Packungen anzugeben, auf freiwilliger Basis. Die Anregung stammt aus der Industrie.

Maren Peters

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