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Wirtschaft: Letzte Chance für Ehrlichkeit

Noch schont der Fiskus heimkehrende Steuerflüchtlinge – ab 2005 wird es teuer

Berlin - Steuersündern, die sich dem Fiskus stellen wollen, wird es in kaum einem anderen Land so leicht gemacht wie in Deutschland. Selbst Italien, das sich besonders gut damit auskennt, hat zuletzt mehr von seinen reuigen Anlegern verlangt. Die günstigsten Konditionen im Rahmen der Steueramnestie gibt es hierzulande aber nur noch bis zum 31. Dezember, etwas schlechtere bis April 2005. Danach ist die Chance vertan.

Trotzdem hält sich das Interesse der Deutschen am „Strafbefreiungserklärungsgesetz“ sehr in Grenzen. Bis Ende August haben es nur 12500 Steuerpflichtige genutzt. 318 Millionen Euro flossen an Steuernachzahlungen an die Finanzämter. Bis Jahresende sollen es insgesamt 1,5 Milliarden Euro werden, hofft das Finanzministerium. Ursprünglich lagen die Erwartungen von Hans Eichel für dieses Jahr bei 2,1 Milliarden Euro.

Das Amnestiegesetz gilt für alle wichtigen Steuerarten, hat aber vor allem Anleger im Auge, die durch die Quellensteuerdebatte Anfang der 90er Jahre verschreckt Geld ins Ausland transferierten – und Erträge daraus oft am Fiskus vorbei kassierten. Doch auch wenn der geplante europaweite Informationsaustausch über Zinszahlungen noch längst nicht Realität ist, ist klar, dass er früher oder später kommen wird. Dann sinken die Chancen von Steuerhinterziehern rapide, weiter unentdeckt zu bleiben. Und: Steuerhinterziehung gilt nicht mehr als Kavaliersdelikt. Je nach Höhe des Schadens droht den Betroffenen sogar Haft.

Darüber sind sich die meisten auch im Klaren, sagen Steuerberater. Zwei Gründe halten viele Steuersünder dennoch zurück: Zum einen schämen sich einige, zum anderen schrecken viele die zu zahlenden Steuersätze ab, die von den Ämtern genannt werden. Doch sie sind nur auf den ersten Blick hoch. Teilweise kommen Steuerhinterzieher, die ihre Einnahmen jetzt nachversteuern, besser weg als diejenigen, die seit Jahren brav ihren Obulus an das Finanzamt entrichtet haben (siehe Kasten).

Weshalb ist Hans Eichel so großzügig? Wenn ein Anleger Zinseinnahmen aus Auslandsvermögen jetzt nachversteuert, wird er es auch in den kommenden Jahren weiter tun müssen. Der Anreiz zur Ehrlichkeit zahlt sich für die öffentliche Hand also auch künftig aus.

Doch auch für Anleger kann sich der Schritt in die Steuerehrlichkeit mit Blick in die Zukunft lohnen. Von Jahr zu Jahr wird mehr in Deutschland vererbt. Und hat es der Erblasser mit der Steuerehrlichkeit nicht genau genommen, stehen die Erben vor der Frage, ob sie sich strafbar machen oder ihrerseits mit dem Finanzamt ins Reine kommen. Steuerberater weisen darauf hin, dass es häufig zu Streit zwischen den Erben kommt, weil der eine vielleicht im Ausland angelegtes Geld im Inland braucht, der andere aber mit den Zinsen zufrieden wäre und das Geld deshalb jenseits der Grenze lassen möchte.

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