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Markenhersteller: 100 Prozent höhere Preise

Verbraucherschützer werfen Markenherstellern Tricksereien vor – durch kleinere Packungen und billigere Zutaten.

Berlin - Markenhersteller jubeln Verbrauchern Preiserhöhungen unter, ohne dass diese das merken. Der Trick: Der Preis bleibt gleich, aber die Menge wird kleiner. In einer neuen, aktualisierten Liste nennt die Verbraucherzentrale (VZ) Hamburg 62 Markenartikel, bei denen die Kunden weniger fürs gleiche Geld bekommen (www.vzhh.de). „Diese Fälle nehmen zu“, sagte die Ernährungsexpertin der VZ, Silke Schwartau, dem Tagesspiegel.

Die krassesten Fälle: 5,99 Euro müssen Jugendliche zahlen, wenn sie ihre Pickel mit der Clearasil Akut-Creme behandeln. Doch in der neuen Tube ist nur noch halb so viel drin wie in der alten. Preiserhöhung: 100 Prozent. Auch die Firma Schwartau nimmt einen der vorderen Plätze auf der Liste ein. Zwar kosten ihre Schoko-Blättchen noch immer 1,89 Euro, doch gibt es dafür heute nur noch 115 Gramm statt 160 Gramm. Kräftige Preiserhöhungen hat es auch bei einem anderen Schwartau-Produkt gegeben, den Corny-Riegeln – und das, obwohl die Preise auf den ersten Blick gesunken sind. Seit April vergangenen Jahres kostet die Packung 80 Cent weniger. Doch statt zehn Riegeln à 25 Gramm bekommt man heute nur noch sechs Riegel à 20 Gramm. Preiserhöhung: gut 34 Prozent.

Geringere Füllmengen, billigere Rezepturen, der Einfallsreichtum der Hersteller ist groß, kritisieren die Verbraucherschützer. Sie werfen Iglo vor, dem Schlemmer-Filet Bordelaise weniger teuren Fisch und mehr billige Panade unterzumischen. Unilever spare Rohstoffkosten bei seiner Rama, indem der Fettanteil gesenkt und stattdessen Wasser zugesetzt wurde.

Verbraucherschützerin Schwartau forderte am Donnerstag die Politik auf, wenigstens für Grundnahrungsmittel wieder zu festen Füllmengen für Fertigverpackungen zurückzukehren. Doch die EU ist auf dem entgegengesetzten Weg. Seit dem vergangenen April gibt es nur noch für Wein, Sekt und Spirituosen verbindliche Vorgaben, bei allen anderen Lebensmitteln können die Hersteller die Verpackungsgrößen frei wählen.

Wie viel sie in ihre Packungen füllen und was diese kosten, sei im Wesentlichen die Entscheidung der Produzenten, sagt Ulrike Hörchens, Sprecherin des Handelsverbandes Deutschland (HDE). Zumindest bei starken Marken habe der Handel so gut wie keinen Einfluss.

Die Hersteller verteidigen die Freigabe der Verpackungsgrößen. Die Verbraucher könnten jetzt gezielt die Größen kaufen, die sie brauchen, betont Andrea Moritz, Sprecherin des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde. Da der Handel den Grundpreis der Waren angeben müsse, könnten die Verbraucher trotz der unterschiedlichen Größen die Preise vergleichen.

Auch die von der VZ genannten Firmen wollen den Vorwurf der Preistreiberei nicht auf sich sitzen lassen. Viele Konsumenten hätten sich bei Test-Verkostungen eine neue Panade gewünscht, heißt es bei Iglo. Allerdings gebe es nach wie vor eine große Fangemeinde für die alte Rezeptur, daher bringe Iglo ab März parallel beide Varianten in den Handel. Auch Schwartau verteidigt die neuen, kleineren Corny-Riegel. Sie hätten weniger Kalorien und seien daher „optimal auf eine figurbewusste Ernährung“ abgestimmt, betont Sprecherin Stephanie Tron. Dass weniger Riegel in der Packung seien, liege daran, dass die Haushalte in Deutschland kleiner werden. Zudem habe man die Rezeptur verbessert. Das sagt auch Clearasil-Produzent Reckitt Benckiser. Man habe das Produkt verbessert, außerdem seien die Rohstoffkosten gestiegen. Dass in der Pickeltube weniger drin ist, sei aber von außen leicht zu erkennen. Zudem sorge auch der Grundpreis für Transparenz.

Verbraucherschützerin Schwartau bezweifelt das. Nach Recherchen der VZ komme es immer wieder vor, dass der Grundpreis ganz fehlt, falsch ist oder zu klein gedruckt ist. „Viele Kunden können das gar nicht lesen“, sagt sie.

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