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Neue Regeln: Geschiedene Leute

Ab September gelten neue Regeln für die Aufteilung des Vermögens und der Rentenansprüche nach einer Scheidung. Wem nutzt das?

„Nimm’s ihm nicht übel – nimm ihm alles“, sagte das tschechische Ex-Modell Ivana Trump nach der Scheidung von ihrem damaligen Gatten, dem US-Unternehmer Donald Trump. Mit 25 Millionen Dollar ließ sich Ivana seinerzeit den Abschiedsschmerz versüßen. In Deutschland ist alles eine Nummer kleiner. Doch auch wenn keine Millionen zu verteilen sind, sollten trennungswillige Eheleute jetzt zum Anwalt gehen und sich beraten lassen. Denn am 1. September dieses Jahres tritt das reformierte Scheidungsrecht in Kraft. Es stellt neue Regeln für den Zugewinn- und für den Versorgungsausgleich auf. Der Stichtag kann über einige tausend Euro entscheiden: Wer profitiert, wenn die Scheidung noch im Juli oder August eingereicht wird, und wer sollte auf das neue Recht warten?

ZUGEWINNAUSGLEICH

Ehepartner können vereinbaren, dass ihr Vermögen streng getrennt wird (Gütertrennung) oder alles in einen Topf kommt (Gütergemeinschaft). Tun sie das nicht, gilt für sie der gesetzliche Güterstand – die Zugewinngemeinschaft. Hier wird der Vermögenszuwachs (Zugewinn), der während der Ehe eingetreten ist, zwischen den Partnern aufgeteilt. Das ist heute so, und das wird sich auch durch das neue Recht nicht ändern. Die Güterrechtsreform soll jedoch ab Herbst in einigen Punkten für mehr Gerechtigkeit sorgen.

Schulden. Die wichtigste Änderung: „In Zukunft wird berücksichtigt, wenn ein Ehepartner mit Schulden in die Ehe gegangen ist und diese Schulden während der Ehezeit getilgt wurden“, sagt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Bisher bleiben Schulden, die während der Ehezeit zurückgezahlt werden, beim Zugewinn außen vor. Das gilt selbst dann, wenn der Ehepartner die Schulden des anderen getilgt hat. Das wird künftig anders.

Beispiel: Der Mann geht mit 30 000 Euro Schulden in die Ehe, im Laufe der Ehe verdient er 50 000 Euro und kommt so auf ein Endvermögen von 20 000 Euro. Seine Frau ist schuldenfrei in die Ehe gestartet und hat während der Ehejahre ebenfalls 50 000 Euro verdient. Nach heutigem Recht müsste sie ihrem Mann einen Ausgleich von 15 000 Euro zahlen, nach neuem Recht gar nichts. Tipp: „Wer einen verschuldeten Partner geheiratet hat, sollte tendenziell eher mit der Scheidung bis zum 1. September warten“, rät die Berliner Anwältin Ingeborg Rakete-Dombek, Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Manipulationen. Zwischen dem Einreichen der Scheidung und dem rechtskräftigen Scheidungsurteil vergehen Monate. In der Zwischenzeit besteht die Gefahr, dass der Partner, der dem anderen einen Ausgleich zahlen müsste, Vermögen beiseite schafft. Das will das neue Recht verhindern: Maßgeblicher Zeitpunkt, um die Höhe der Ausgleichsforderung zu bestimmen, ist künftig nicht mehr die Rechtskraft des Urteils, sondern der Eingang des Scheidungsantrags beim Familiengericht. Als weiteren Schutz vor Vermögensmanipulationen sieht die Reform vor, dass jeder Ehegatte Auskunft über das Vermögen des anderen verlangen kann, das dieser zum Zeitpunkt der Trennung hatte. Auch damit soll verhindert werden, dass Vermögen mutwillig verringert wird.

Vorläufiger Rechtsschutz. Um zu verhindern, dass der ausgleichsverpflichtete Partner Vermögen verschleudert, kann der andere seinen Zugewinnausgleich künftig auch in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren vor Gericht sichern.

Profiteure. Wer profitiert von dem neuen Recht? „Sowohl beim Zugewinn- als auch beim Versorgungsausgleich profitiert tendenziell eher der ausgleichsberechtigte Partner von der Reform“, sagt Anwältin Rakete-Dombek. Das heißt: Wer Geld zu erwarten hat, sollte sich mit der Scheidung Zeit lassen. Wer zahlen muss, sollte dagegen aufs Tempo drücken. Allerdings ist der Spielraum begrenzt: „Bevor man die Scheidung einreichen kann, muss man ein Trennungsjahr hinter sich gebracht haben“, warnt die Expertin.

VERSORGUNGSAUSGLEICH

Beim Versorgungsausgleich werden die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche der Eheleute aufgeteilt. Das betrifft die gesetzliche Rentenversicherung, die Beamtenversorgung, die betriebliche und die private Altersvorsorge. Der Versorgungsausgleich läuft bislang nach einem sehr komplizierten Verfahren ab. Die Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder aus Beamtenpensionen werden bei einer Scheidung sofort geteilt. Bei privaten und betrieblichen Rentenversicherungen werden die Ausgleichsansprüche dagegen mithilfe der sogenannten Barwertverordnung in gesetzliche Rentenanwartschaften umgerechnet und als Einmalzahlung auf das Rentenkonto des geringer verdienenden Partners eingezahlt. „Dabei geht viel Geld verloren“, kritisiert Ingeborg Rakete-Dombek. Hinzu kommt: Dieser Ausgleich wird nicht bereits bei der Scheidung durchgeführt, sondern erst im Rentenalter. Faktisch gehen viele Frauen leer aus, weil sie keinen Kontakt zum Ex-Partner mehr haben und ihre Ansprüche nicht geltend machen.

Künftig soll eine Verrechnung nicht mehr nötig sein. Ansprüche sollen im jeweiligen Versorgungssystem geteilt werden, der ausgleichsberechtigte Ehegatte erhält einen eigenen Anspruch beim Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Partners (interne Teilung). Das soll Verzerrungen vermeiden. Außerdem werden alle Versorgungsansprüche künftig bereits mit der Scheidung geteilt.

Interne Teilung. Viele Unternehmen, die ihren Beschäftigten Betriebsrenten anbieten, sehen die Reform mit Unbehagen. Denn künftig müssen sie auch für den Ex-Partner Betriebsrentenkonten führen, wenn der einen Ausgleichsanspruch hat. Das Problem: „In vielen Firmen gibt es für die Berechnung keine Software“, weiß Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba). „Die Mitarbeiter in den Personalstellen stehen allein da.“ Zudem sei es wegen der Bewertungsspielräume oft gar nicht so einfach, die Höhe des Ausgleichs zu bestimmen. Auch das mache den Unternehmen Angst, sagt Stiefermann, „sie fürchten, für falsche Auskünfte haftbar gemacht zu werden.“

Betriebsrenten. Wenn Führungskräfte beteiligt sind, können schnell hohe Summen zusammenkommen. Der Versorgungsausgleich kann in diesen Fällen schon „einige tausend Euro im Monat“ ausmachen, weiß Betriebsrentenexperte Stiefermann. Weil die Firmen und die einzelnen Versorgungswerke kein Interesse daran haben, neben den aktiv Beschäftigten auch noch die Rentenkonten der Ex-Partner zu führen, wollen sie eine spezielle Ausgleichskasse gründen, die derartige Verträge betreut. „Eine solche Ausgleichskasse ist derzeit in Gründung“, berichtet der aba-Chef.

Externe Teilung. Wenn der ausgleichsberechtigte Ex-Partner das will, kann er sich den Ausgleich auf ein anderes Versorgungskonto zahlen lassen. Statt ein eigenes Konto bei der Pensionskasse des Ex-Gatten zu bekommen, kann man sich das Geld beispielsweise auf eine bereits bestehende Lebensversicherung überweisen lassen. Bei kleineren Beträgen (50 Euro Monatsrente, 6000 Euro Kapitalwert) hat der Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ex-Partners ein einseitiges Abfindungsrecht.

Bagatellansprüche. Bei geringen Ausgleichswerten (25 Euro Monatsrente, 3000 Euro Kapitalwert) wird der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt.

Kurze Ehezeit. Auch wenn die Ehe nicht länger als zwei Jahre gehalten hat, wird auf den Versorgungsausgleich verzichtet. Das soll die Familiengerichte und die Versorgungsträger vor zu großem bürokratischen Aufwand bewahren.

Ihre Fragen rund um das neue Recht können Sie am Montag Experten stellen. Einzelheiten finden Sie hier.

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