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Private Krankenversicherung: Was der Basistarif bringen wird

Neue Policen werden im nächsten Jahr teurer. Trotzdem sollte man jetzt nicht auf die Schnelle wechseln. Wer wartet, hat auch Vorteile.

Versicherungsvertreter können sich bei der Bundesregierung bedanken. Denn die will die Kassenbeiträge im kommenden Jahr einheitlich auf 15,5 Prozent heraufsetzen. Für die Anbieter von privaten Krankenversicherungen (PKV) ist das ein willkommenes Verkaufsargument. Genauso wie der Hinweis auf all die Reformen, die der Gesetzgeber den Privatversicherungen eingebrockt hat und die im nächsten Jahr auch in der PKV die Prämien in die Höhe treiben werden. Wer sich jetzt noch einen günstigen Tarif sichern will, der ein Leben lang hält, sollte daher noch in diesem Jahr eine private Krankenversicherung abschließen, trommeln die Verkäufer.

WER WECHSELN KANN

Der Kuchen, um den sich Vertreter, Makler und Strukturvertriebe streiten, wird immer kleiner. Denn mit der Gesundheitsreform hat die schwarz-rote Bundesregierung den Zugang zur PKV erschwert. Nur wer drei Jahre lang über der Versicherungspflichtgrenze von derzeit 48 150 Euro im Jahr (4012,50 Euro im Monat) liegt, darf als Angestellter von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln. Diese Hürde überspringen nicht viele.

KEINE EILE

Die Versicherungsvertreter raten zum schnellen Wechsel, weil Privatversicherungen im nächsten Jahr teurer werden. Wer dann eine private Vollversicherung abschließt, muss rund 15 Prozent mehr ausgeben – und das dauerhaft, solange die Versicherung läuft (siehe Interview). Dennoch sollten Verbraucher sich nicht hetzen lassen, warnt Ulrike Steckkönig von der Stiftung Warentest. Denn für die höheren Beiträge bekommt man auch neue Freiheiten, die sich unterm Strich auszahlen können.

WECHSELRECHT

Wer im nächsten Jahr eine private Krankenversicherung abschließt, kann seinen Anbieter künftig wechseln. Das ist zwar auch heute schon möglich, doch besteht diese Möglichkeit nur auf dem Papier. Denn wer zu einem neuen Versicherer geht, muss bislang seine angesparten Alterungsrückstellungen bei seinem bisherigen Unternehmen zurücklassen. Diese Rückstellungen, die von der Versicherungsprämie gebildet werden, sollen dafür sorgen, dass die Versicherungsbeiträge im Alter bezahlbar bleiben. Das Prinzip: In jungen Jahren, wenn die Versicherten vergleichsweise geringe Kosten verursachen, sparen sie Rücklagen an, mit denen die steigenden Ausgaben im Alter beglichen werden. Konsequenz: Wer ohne seine Alterungsrückstellungen zu einem neuen Anbieter geht und seinen 40. Geburtstag hinter sich hat, muss dort hohe Beiträge zahlen und zusätzlich eine Gesundheitsprüfung über sich ergehen lassen, die zu Risikozuschlägen führen kann.

WAS SICH ÄNDERT

Wer im nächsten Jahr eine neue Versicherung abschließt, kann einen Teil seiner Alterungsrückstellungen mitnehmen, wenn er zu einem anderen Anbieter wechselt. „Rund 60 bis 70 Prozent der gesamten Alterungsrückstellungen werden auf den neuen Anbieter übertragen“, schätzt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. Ursprünglich hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt eine 100-prozentige Mitnahme der Alterungsrückstellungen erlauben wollen, hatte dann aber dem Druck der Union und der Versicherungsbranche nachgegeben. Jetzt werden Alterungsrückstellungen nur in Höhe des neuen Basistarifs auf den neuen Versicherer übertragen.

BASISTARIF

Kaum ein Tarif hat für so viel Ärger gesorgt, bevor er überhaupt auf den Markt gekommen ist, wie der neue Basistarif. Zahlreiche Versicherer haben Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben, mit einem Urteil wird aber erst im nächsten Jahr gerechnet. Dann muss der Basistarif aber bereits angeboten werden. Noch arbeitet der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) an letzten Einzelheiten, im November soll der Basistarif mit allen Einzelheiten fertig sein.

GKV IN DER PKV

Der neue Basistarif ist der Versicherungsbranche vom Gesetzgeber aufgezwängt worden. Er entspricht in etwa den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), auch die Ärzte bekommen von den Patienten im Basistarif deutlich weniger als von normalen Privatpatienten – nämlich den 1,8fachen Satz und nicht den 2,3fachen. Der Basistarif ist gedacht für all die Rückkehrer, die früher einmal privat versichert waren, jetzt aber ohne jede Krankenversicherung dastehen. Ab dem 1. Januar 2009 muss jeder Bürger krankenversichert sein, dann müssen auch diejenigen, die jetzt noch ohne alles dastehen, zurück in die PKV.

NIEDRIGERE BEITRÄGE IM BASISTARIF

Der Basistarif kann aber auch Menschen helfen, die schon lange in der PKV sind und unter den steigenden Versicherungsbeiträgen stöhnen. Zwar gibt es schon heute den billigeren Standardtarif, der ohnehin große Ähnlichkeiten mit dem neuen Basistarif hat. Doch in diesen kann man frühestens mit 55 Jahren gehen. Der Basistarif sieht eine solche Einschränkung nicht vor.

CHANCE AUCH FÜR ALTE POLICEN

Im Basistarif ist die Versicherungsprämie per Gesetz gedeckelt und darf den Höchstsatz in der GKV – derzeit rund 550 Euro im Monat – nicht überschreiten. Risikozuschläge dürfen nicht erhoben werden, die Prämien und der Leistungsumfang werden bei allen Versicherern gleich sein. Der Basistarif erlaubt auch all denen, die bereits privat versichert sind, den Wechsel zu einem neuen Versicherer. Vom 1. Januar bis zum 30. Juni nächsten Jahres können Versicherte kündigen und zur Konkurrenz gehen. Dabei dürfen sie ihre Altersrückstellungen mitnehmen – in der Höhe, wie sie sie im Basistarif gesammelt hätten, wenn es diesen früher schon gegeben hätte. Vom Basistarif können sie dann aber nicht sofort in einen Volltarif des neuen Versicherers wechseln – das Bundesgesundheitsministerium hat eine 18-monatige Bleibezeit im Basistarif angeordnet.

ALTERNATIVEN

Versicherungsberater Rudnik hält nicht viel von einem Wechsel in den Basistarif der Konkurrenz. Er rät Kunden, die Geld sparen wollen, lieber beim bisherigen Versicherer zu bleiben und dort in einen jüngeren, günstigeren Tarif zu wechseln oder Leistungseinschränkungen hinzunehmen. Notfalls könne man auch dort in den Basistarif gehen. Der Vorteil all dieser Lösungen: Die Alterungsrückstellungen bleiben dem Versicherten zu 100 Prozent erhalten.

Am vergangenen Montag haben Sie an dieser Stelle lesen können, was sich in der gesetzlichen Krankenversicherung ändert

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