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RECHTS Frage: an Reinhard Jäger Rechtsanwalt

Ich bekomme Hartz IV und habe gelesen, dass ich der Arbeitsagentur jetzt Kontoauszüge vorlegen muss. Das verstehe ich gar nicht. Muss ich jetzt immer meine Kontoauszüge mitbringen, wenn ich zum Amt gehe?

Die Leserfrage kann zwar so gestellt einfach mit "nein" beantwortet werden. Jedoch sieht sich der ehrliche Bedürftige bei Anforderung der Kontoauszüge durch das Jobcenter plötzlich unter dem Generalverdacht, ein Leistungsbetrüger zu sein. Es ist ab sofort zu erwarten, dass die Jobcenter ihre Antrags- und Mitwirkungsformulare dahingehend ändern, dass für jeden Antrag, sei es ein Erst-, Verlängerungs- oder Einmalleistungsantrag, die Kontoauszüge der letzten drei Monate vorzulegen sind.

Entgegen der Ansicht vieler Datenschützer und auch im Gegensatz zur Entscheidung des Landessozialgerichts Hessen hat am 19. September dieses Jahres das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass die Vorlagepflicht der Kontoauszüge verhältnismäßig ist. Das Recht des Antragstellers auf Wahrung seines Sozialgeheimnisses und seines Rechts auf informelle Selbstbestimmung blieben gewahrt. Eine Schwärzung soll nur bei den Ausgaben zulässig sein, die die Gewerkschaftszugehörigkeit, die Gesundheit, das Sexualleben, die Rasse und ethnische Herkunft sowie die politische Meinung und die religiöse und philosophische Überzeugung betreffen. Dabei dürfte es sich aber lediglich um geringe Spenden, Vereinsbeiträge und ähnliches handeln. Das BSG bejaht die Erforderlichkeit, um die Leistungsvoraussetzungen zu prüfen, sprich eventuelle Einnahmen oder überhöhte Ausgaben festzustellen, die im Antragsformular versehentlich nicht angegeben wurden oder den Antrag nicht plausibel erscheinen lassen.

In Zeiten des Datenklaus und der Sicherheitslücken wie bei der Deutschen Telekom sind Bedenken gegen eine solche Entscheidung zu verstehen. Da hilft es wenig, dass auch das Jobcenter zur Geheimhaltung verpflichtet ist. Zu achten ist darauf, dass der Jobcenter-Mitarbeiter die Kontoauszüge nur einsieht und nur im begründeten Einzelfall kopiert. Man bringt daher tatsächlich besser die Kontoauszüge mit und sieht bei der Auswertung zu. Ein Vermerk in der Akte genügt. Offen bleibt als nächster Schritt die Frage, ob ein Hartz-IV-Empfänger überhaupt verpflichtet ist, ein Konto zu führen. Ich meine nein.

an Reinhard Jäger

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