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Wirtschaft: Ruhestand auf Raten

50 Prozent Arbeit, 70 Prozent Gehalt – Arbeitnehmer lieben Altersteilzeit. Doch was wird daraus, wenn die Rente mit 67 kommt?

Reiner J. hat es getan: Auf den letzten Drücker hat der 52-Jährige im Dezember einen Altersteilzeitvertrag unterschrieben – wie Zehntausende andere auch. „Ich bin froh, dass das noch geklappt hat“, sagt der Verwaltungsfachmann.

Die Freude ist berechtigt. Denn auch wenn der Bundestag wie erwartet im März die Verschiebung des Renteneintrittsalters auf 67 beschließt, ist Reiner J. fein raus. Für ihn gilt weiterhin die alte Regelung: Er kann auch in Zukunft mit 65 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen, mit Abschlägen sogar früher.

Arbeitnehmer lieben Altersteilzeit. Vor elf Jahren ist das Altersteilzeitgesetz in Kraft getreten, seitdem haben rund 400 000 Beschäftigte davon Gebrauch gemacht. Der Vorteil: Altersteilzeitler können nicht nur früher aus dem Arbeitsleben ausscheiden, sie profitieren auch finanziell. Obwohl sie nur 50 Prozent arbeiten, bekommen sie 70 Prozent Gehalt. Den 20-prozentigen Aufschlag gibt es sogar steuer- und sozialabgabenfrei.

Aber nicht nur die Arbeitnehmer, auch viele Großunternehmen haben die Vorteile der Altersteilzeit erkannt und genutzt. Konzerne wie Volkswagen oder Daimler-Chrysler haben ihren Stellenabbau über Altersteilzeitangebote sozialverträglich erledigt, auch im öffentlichen Dienst sind zahlreiche Stellen über Altersteilzeitlösungen eingespart worden.

Unternehmen, die für den ausscheidenden Altersteilzeitler einen Arbeitslosen einstellen oder einen Auszubildenden übernehmen, können sich einen Großteil der Kosten erstatten lassen – von der Bundesagentur für Arbeit (BA). Das Geld kommt aus der Arbeitslosenversicherung. Diese Förderung läuft aus. Nur wenn der Altersteilzeitvertrag bis Ende 2009 unterschrieben ist, beteiligt sich die BA noch an den Kosten. 2015 laufen auch die letzten Verträge aus.

Auch um die Härten der Rente mit 67 zu mildern, fordern Gewerkschaften und SPD-Linke, dass das Altersteilzeitgesetz über das Jahr 2009 hinaus verlängert werden soll. Diese Möglichkeit sei „auch in Zukunft notwendig für flexible Übergänge aus dem Erwerbsleben“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach dem Tagesspiegel. Doch Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) sagt nein. Da Deutschlands Arbeitnehmer künftig länger arbeiten sollen, will der Minister mit dem auf Kosten der Arbeitslosenversicherung subventionierten Vorruhestand Schluss machen. Das bedeutet nicht, dass es nach 2009 keine Altersteilzeit mehr geben wird. „Es endet lediglich die Förderung durch die BA“, heißt es im Bundesarbeitsministerium, „nicht aber die Möglichkeit, vom Altersteilzeitgesetz Gebrauch zu machen.“

Politiker und Gewerkschafter arbeiten längst an Lösungen, die die BA-Förderung ersetzen sollen. „Flexible und gleitende Übergänge vom Arbeitsleben in die Rente kommen den Leuten entgegen“, sagt Klaus Brandner, arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. „Man muss sich dabei nicht unbedingt auf eine Halbierung der Arbeitszeit festlegen.“ Auch die Gewerkschaften basteln an Teilzeitmodellen, mit denen Ältere peu à peu ihre Arbeitszeit verringern können. Die Frage ist: Wie sollen die Gehalts- und Lohneinbußen gemildert werden, und wer soll das bezahlen?

Die Union ist gegen solche Gedankenspiele. „Ich sehe keinen Handlungsbedarf für den Gesetzgeber“, sagt Ralf Brauksiepe, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales in der Unions-Bundestagsfraktion. Die Menschen hätten nach dem Altersteilzeitgesetz schon jetzt die Möglichkeit, bis zur Rente mit reduzierter Arbeitszeit zu arbeiten. Doch fast alle Arbeitnehmer würden sich gegen diese Variante und für das Blockmodell entscheiden. Auch eine weitere Förderung durch die BA lehnt Brauksiepe ab. Vor allem Großunternehmen hätten in der Vergangenheit von Mitnahmeeffekten profitiert – auf Kosten der Beitragszahler, kritisiert der Politiker.

Informationen zur Altersteilzeit finden Sie im Internet unter www.bma.bund.de und www.deutsche-rentenversicherung.de.

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