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Wirtschaft: Schlappe für den Lieblingsschuh

Die Läufer mochten den Asics Gel-Kayano, doch der riss bei der Dauerbiegeprüfung /Spitzenmodelle gibt es für rund 100 Euro

Manchmal fallen die Rekorde schon vor dem Startschuss. Mehr als drei Monate vor dem Berlin-Marathon am 25.September haben sich bereits 36000 Läufer vormerken lassen, melden die Organisatoren vom SCC-Running – das ist einmalig in der 32-jährigen Geschichte des Rennens. Wer sich den Höhepunkt der Laufsaison nicht durch ausgetretene Rennschuhe verderben will, sollte sich jetzt schleunigst auf die Suche nach geeignetem Untersatz machen. Zwei Tage vor dem Lauf ist es dafür zu spät, denn die Schuhe müssen in Ruhe eingelaufen werden.

Die Wahl ist nicht einfach: Billige Schuhe sind schon für 30 Euro zu haben, auf den ersten Blick unterscheidet sie wenig von den teuren Modellen. Dass es große Unterschiede in Dämpfung und Haltbarkeit gibt, fällt erst beim Laufen auf. Die Stiftung Warentest hat 16 verschiedene Modelle getestet. Eines der wichtigsten Ergebnisse: Mittelklasse und Topmodelle liegen in der Qualität etwa gleichauf.

„Der Praxistest hat gezeigt, dass man nicht unbedingt auf den teuersten Modellen laufen muss“, sagt Holger Brackemann, von der Stiftung Warentest. Für Schuhe mit „gutem“ Ergebnis – etwa dem Nike Air Persus oder den Saucony Grid Auca – müssen Sportler demnach mindestens 90 Euro investieren. Spitzenmodelle gibt es ab 100 Euro. Der Billigschuh Reno Tec One für 30 Euro fiel im Test dagegen durch.

Dabei kann der Preis nur ein Anhaltspunkt für die Qualität des Schuhs sein. „Das Wichtigste ist, dass der Schuh passt“, sagt Thomas Wessinghage, Arzt und 5000- Meter-Europameister von 1982. Und das hängt neben der Fußform auch von Gewicht und Laufstil des Läufers ab. „Anfänger rollen den Fuß eher über die Ferse ab, Profis setzen mit dem Mittelfuß auf und nutzen ihre Muskulatur mehr“, sagt er.

Lieblingsschuh der Testläufer war nach Gefühl der Asics Gel-Kayano XL, der mit 160 Euro auch als teuerster Schuh in den Wettkampf ging. Doch bei der Biomechanik und der Haltbarkeit musste er sich deutlich günstigeren Konkurrenten geschlagen geben. Laufschuhe von Adidas und Nike konnten harte Stöße insgesamt besser dämpfen und den Fuß wirksamer stützen. Außerdem enttäuschte das Asics-Topmodell im Dauerbelastungstest, der einer Laufleistung von 2000 Kilometern entspricht. Drei Viertel der Testschuhe hielten durch, der Kayano dagegen zeigte deutliche Risse.

Etwas gibt den Orthopäden Rätsel auf: Trotz der immer aufwändigeren Stützung und Dämpfung der Schuhe klagen immer mehr Läufer über Probleme mit der Achillessehne. „Es kann sein, dass die natürliche Abrollfunktion der Füße durch zu viel Dämpfung in den Schuhen verhindert wird“, vermutet Tester Brackemann. Zum Verzicht würde er dennoch nicht raten. „Die normale biologische Dämpfung ist nicht für den Asphalt entwickelt worden, sondern für weichen Waldboden“.

Thomas Wessinghage, der 50 bis 100 Kilometer pro Woche läuft, hat seine eigene Philosophie. „Ich erwarte von einem Schuh, dass er meinen Laufstil so wenig wie möglich korrigiert, mir aber trotzdem spürbare Hilfe bietet“, sagt er. Dass mehr als 90 Prozent der Laufschuhe mittlerweile mit Stützung angeboten werden, erstaunt den Arzt. „Ich habe mich immer gesträubt zu glauben, dass mehr als 90 Prozent der Läufer korrekturbedürftige Füße haben.“ Und die Entscheidung, ob ein Sportler Korrekturen braucht, „sollte in der Hand eines Orthopäden liegen und nicht Verkäufern im Sportartikelladen überlassen werden“.

Maren Peters

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