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Wirtschaft: Schöner anlegen

Wer mehr als 500000 Euro Vermögen hat, wird von den Banken hofiert – aber auch Kleinanleger profitieren

Nirgendwo in Europa gibt es so viele vermögende Haushalte wie in Deutschland. Auf bis zu eine Million schätzen Marktforscher die Anzahl der so genannten High Net Worth Individuals. Wer sich dazu zählt, verfügt über ein Vermögen von mindestens 500000 Euro. Neben den deutschen Großbanken werben auch Schweizer und österreichische Geldinstitute sowie nicht zuletzt die alteingesessenen Privatbankiers um die Betreuung dieser Klientel. Es herrscht Verdrängungswettbewerb, denn die Zahl der Reichen ist erheblich, aber sie wächst nur langsam.

Um das große Geld anzulocken, bieten die Banken ihren Premium-Kunden einen besonderen Service: individuelle Kundenberatung, maßgeschneiderte Anlageprodukte, ganzheitliche Betreuung oder die Dienste eines Family Office. Ein Entgegenkommen, von dem Kleinanleger nur träumen können. Doch auch sie können davon profitieren. Denn: Wer weiß, wie es die Reichen machen, kann bei seiner Bank mitunter mehr Service und bessere Konditionen aushandeln.

Die einfache Vermögensverwaltung lassen sich die Banken mit Gebühren von rund ein bis 1,5 Prozent bezahlen. Doch verhandeln lässt sich hier immer – auch wenn die Banker darüber nicht gerne reden. Überhaupt gibt die Zunft nur ungern Auskunft darüber, wie viele vermögende Kunden sie betreut und wie hoch das Mindestvermögen sein muss, um in den Genuss des gehobenen Service zu kommen.

Rund 500000 Euro sollten Kunden schon anlegen können, oder zumindest die Aussicht haben, diese Schwelle in absehbarer Zeit zu erreichen. Für die Dienste des so genannten Family Office ist jedoch ein Mehrfaches davon notwendig. Denn hier dienen die Banker nicht nur als Vermögensverwalter, sondern als Ansprechpartner für alle Lebenslagen: Sie vermitteln Rechtsanwälte oder Steuerberater, sie helfen bei Erbschaftsfällen, dienen als Privatsekretär. Wer sich das leisten kann? Die Banker umschreiben es mit einer höflichen Formel: „Für kleinere Vermögen lohnt der Aufwand nicht – oder er ist nicht notwendig.“ Ausnahme ist hier die Berliner Weberbank. Sie bietet einzelne Module aus dem Family Office auch Anlegern mit kleinerem Vermögen an.

Einen neuen Weg bei den Gebühren beschreitet die Privatbank Delbrück Bethmann Maffei. „Vermögensverwaltung mit Honorar-zurück-Garantie“ heißt es in der Werbung. Aktuell betreut das Bankhaus mit rund 400 Mitarbeitern in zehn Niederlassungen Vermögen von insgesamt mehr als elf Milliarden Euro. Alle Kunden, die mehr als 500000 Euro bei der Bank verwalten lassen, können im ersten Quartal eines jeden Jahres entscheiden, ob die Vermögensverwaltung der Bank ihre persönlichen Erwartungen erfüllt hat. Tut sie es nicht, können sie die für das Vorjahr vereinnahmten Verwaltungshonorare zurückfordern. Alexander W. Riefenstahl, zuständig für Marketing und Vertriebsmanagement, äußert sich zuversichtlich: „Wir gehen davon aus, dass Kunden gerne einen angemessenen Preis zu zahlen bereit sind, wenn die in der Werbung oder im Gespräch mit einem Bankberater geweckten Erwartungen erfüllt werden.“

Ein angemessener Preis – dies ist bei den meisten Instituten etwa ein Prozent vom Depotvolumen. Diese Zahl lässt sich auch bei der ältesten deutschen Privatbank, Sal. Oppenheim einsetzen, äußern mögen sich die Kölner Banker dazu allerdings nicht. Das älteste deutsche Privatbankhaus verwaltete Ende 2004 ein Vermögen von rund 68 Milliarden Euro (inklusive Fonds). Ein Großteil davon wird im Private Banking betreut, das auch in Berlin vertreten ist. Kunden seien typischerweise vermögende Familien, Leistungsträger der Wirtschaft, mittelständische Unternehmen sowie Erben großer Vermögen. Mehr als jede vierte der 20000 vermögensten Familien Deutschlands lässt ihr Geld von Oppenheim verwalten, heißt es in der Branche. 500000 Euro sollten es mindestens sein.

Wer die Dienste des Family Office der Berliner Weberbank nutzen möchte, ist auch mit kleineren Beträgen dabei. „Der Mandant kann auch einzelne Teile unseres Angebots in Anspruch nehmen“, sagt der Leiter des Bereichs, Thomas A. Zenner. „Wir sind völlig getrennt von der übrigen Bank und bieten unsere Dienstleistungen auch Personen an, die nicht Kunden der Weberbank sind.“ 5000 Euro Honorar sind dafür mindestens im Jahr zu zahlen. Angesprochen werden zum Beispiel Mittelständler, leitende Angestellte und Freiberufler. Das Angebot reicht vom Sammeln von Belegen bis zur Verwaltung von komplexen Familienvermögen. „Wir fahren auch ins Ausland und begutachten Grundstücke oder nehmen an Gesellschafterversammlungen teil“, sagt Zenner.

Die Dienste eines Family Office bietet auch HSBC Trinkaus&Burkhardt an. Der Leiter der Vermögensverwaltung in Berlin, Klaus Metzke, betont die Produktunabhängigkeit. Der Kunde kann sein Geld bei anderen Banken angelegt haben, HSBC Trinkaus&Burkhardt übernimmt, die „Überwachung“. „Wir sind keine Produktfabrik, die alles verkaufen muss“, sagt Metzke. Ausgesucht werde immer das beste Produkt, egal von welchem Anbieter. Insgesamt rund 15 Milliarden Euro Privatvermögen betreut die Privatbank derzeit. Metzke: „Durchschnittlich betreuen wir einen Kunden elf Jahre“.

Das gilt in der Branche als lang und zeigt, dass auch vermögende Privatkunden wählerischer und flexibler werden. Die über Generationen vererbte Bankverbindung gehört auch bei den High Net Worth Individuals längst der Vergangenheit an.

Daniel Rhee-Piening

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