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Telefon

© Kitty Kleist-Heinrich

Telefon und Internet: Kein Anschluss unter dieser Nummer

Kunden, die zu einem Billiganbieter wechseln wollen, erleben oft unliebsame Überraschungen. Diese lassen sich vermeiden, wenn man einige grundlegende Regeln beachtet.

Iris Arendt (Name von der Redaktion geändert) wollte eigentlich nur günstiger telefonieren und im Internet surfen. Sie rief im Kundenzentrum von Versatel an. Dort erklärte ihr ein Mitarbeiter die für sie infrage kommenden Tarife. Iris Arendt war interessiert. Der Mitarbeiter versprach, ihr Informationen zuzusenden und nahm dazu ihre Daten am Telefon auf. Eine Woche später bekam sie Post – allerdings nicht von Versatel, sondern von der Telekom. Die teilte ihr mit, dass ihr Telefonanschluss zu Anfang Dezember gekündigt sei. Und tatsächlich: Kurz darauf stellte die Telekom den Anschluss ab. Auch von Versatel kam kurze Zeit später ein Brief. Statt der angeforderten Informationen flatterte der verdutzten Verbraucherin jedoch gleich eine Auftragsbestätigung ins Haus.

Preiswerte Pauschalpakete. Versatel gehört wie die Telekom, Arcor und Hansenet („Alice“) zu den sogenannten Vollanschluss-Anbietern. DSL-Reseller dagegen wie 1&1, freenet oder Tele2 kaufen Produkte günstig von der Telekom und verkaufen diese dann an den Verbraucher weiter. Um die Kunden von der Telekom weg- zulocken, bieten die Konkurrenten preiswerte Anschlusspakete, die beispielsweise den Internetzugang, Telefon- und Handy-Flatrates enthalten. Doch die Billigpakete haben auch einen Nachteil: Die Mindestvertragslaufzeit ist oft ziemlich lang.

Am Telefon überrumpelt. Wer noch zögert oder sich nur informieren wollte, wird zu seinem Glück gezwungen. Mit der Überrumplungstaktik wie Iris Arendt sie bei Versatel kennengelernt hat, arbeiten auch andere Anbieter. Besonders bei älteren Menschen haben die Unternehmen damit oft Erfolg. „Kurzfristig mag diese Strategie funktionieren, langfristig wird sich das aber nicht auszahlen, weil die Anbieter ihrem Ruf damit enorm schaden“, sagt Ronny Jahn, Jurist von der Verbraucherzentrale Berlin. Bei den Verbraucherschützern haben sich in den vergangenen Monaten Hunderte von Betroffenen gemeldet, die Probleme beim Anbieterwechsel hatten.

Widerspruchsfrist von zwei Wochen. Iris Arendt kündigte sofort, nachdem sie die Auftragsbestätigung von Versatel erhalten hatte, und damit noch innerhalb der zweiwöchigen Widerspruchsfrist. Dieses Widerspruchsrecht steht aber nur dem zu, der den Anschluss telefonisch oder übers Internet bestellt hat.

Schriftlich kündigen. „Die Kündigung sollte schriftlich und per Einschreiben mit Rückschein erfolgen“, empfiehlt Corinna Lapp, Rechtsanwältin bei der auf Internetrecht spezialisierten Kanzlei dr-lapp.de. „Um ganz sicher zu gehen, sollte ein Zeuge bestätigen können, dass genau dieses Schreiben in den Umschlag gesteckt wurde und auch mit der Post an das Unternehmen ging.“

Frist setzen. Die Kündigung ist auch nach Ablauf der Widerrufsfrist möglich, wenn der Kunde über Monate nicht telefonieren kann, obwohl der Anbieter ihm einen Anschluss versprochen hat. Bevor man kündigt, muss man jedoch der Telefongesellschaft schriftlich eine Frist setzen, innerhalb derer sie liefern muss. Verstreicht die, ohne dass etwas passiert, kann der Kunde kündigen. Bei Iris Arendt half aber selbst die Kündigung nichts. Obwohl sie keinen Anschluss hatte, zog Versatel ihr die monatliche Grundgebühr vom Konto ab. „Eine Abbuchung ist aber nur mit einer mündlichen Einzugsermächtigung möglich“, sagt Ronny Jan von der Verbraucherzentrale Berlin. Die Verbraucherin holte sich die Monatspauschale zwar wieder zurück, ihr Anschluss funktioniert aber immer noch nicht. Jetzt liegt der Fall bei der Verbraucherzentrale Berlin, die die Kundenklagen sammelt und per Abmahnverfahren gegen die Telekommunikationsfirmen vorgeht.

Kein fester Ansprechpartner. Bevor Kunden den Weg zur Verbraucherzentrale finden, haben sie oft eine Menge Ärger hinter sich. Unzählige Anrufe bei kostenpflichtigen Service-Hotlines kosten Nerven und Geld. Schafft der Kunde es, jemanden zu erreichen, versprechen die Kundenberater viel, um den Kunden zu beschwichtigen. „Oft werden hier keine verlässlichen Aussagen gemacht und die Gebühren für die Anrufe werden auch nicht erstattet“, sagt Ronny Jahn. Tipp: „Notieren Sie den Zeitpunkt des Anrufs sowie den Namen des Callcenter-Mitarbeiters und lassen Sie sich, wenn möglich, eine Vorgangsnummer geben“, rät Astrid Auer-Reinsdorff, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie im Deutschen Anwaltverein. „Besser ist, eine Mail zu schreiben. Mit der Rückantwort hat man dann oft die Nummer und im Streitfall einen Beleg“.

Anbieter überfordert. Warum es mit dem Anschluss oft nicht klappt: Die Telefongesellschaften werben zwar aggressiv um Neukunden, sind dem Ansturm aber dann nicht gewachsen. Das kann auch an der Telekom liegen, aber: „Behauptet der Techniker, der Telefonanschluss wäre von der Telekom noch nicht freigeschaltet, kann man das durch eine Nachfrage bei der Telekom nachprüfen,“ sagt Auer-Reinsdorff.

Toter Anschluss. Telefonieren und surfen zu niedrigen Preisen wollte auch Lisa Friedrich (Name von der Redaktion geändert). Sie schloss Mitte September vergangenen Jahres einen Vertrag mit 1&1 über ein „Surf&Phone-Komplettpaket“ für 29,99 Euro ab. Lange passierte nichts. Erst kurz vor Weihnachten wurde ihr Anschluss von der Telekom auf 1&1 umgeschaltet, behauptet zumindest 1&1. Seitdem ist der Anschluss tot. Die erforderliche DSL-Hardware hat sie aber bis heute noch nicht bekommen. Auf Nachfrage bei der Hotline kam die Antwort, dass die Adresse unbekannt sei. Für die erneute Zustellung fühlte sich der Mitarbeiter nicht zuständig – allerdings hatte die 1&1-Werbepost nie Probleme, den Briefkasten von Lisa Friedrich zu finden. Auch eine Fristsetzung mit der Aufforderung, das Problem zu beheben, nützte nichts. 1&1 teilte ihr lediglich mehrmals per Mail mit, dass das Paket nicht zugestellt werden könne: wegen angeblich falscher Adresse. DSL-Anschluss und Tarif hätten allerdings weiterhin Gültigkeit und würden auch weiter monatlich berechnet.

Telekom profitiert. Mitte Januar hatte Lisa Friedrich genug und kündigte per Mail. Die Antwort von 1&1: eine erneute Auftragsbestätigung. „Hier ist zu prüfen, ob es sich um einen neuen Auftrag handelt. Solange der Kunde keinen neuen Vertrag geschlossen hat, muss er darauf nicht reagieren“, sagt Ronny Jahn. Auf den Kosten für einen erneuten Wechsel zur Telekom bleibt Lisa Friedrich jedoch sitzen. „Die Einzige, die davon profitiert ist die Telekom,“ sagt Jahn. Kunden, die am Anbieterwechsel fast verzweifeln, kommen zurück und sind froh, wenn der Anschluss endlich wieder funktioniert.

Aline Klett

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