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Papierkrieg. Die drei Verbände der Finanzwirtschaft haben sich nicht auf einheitliche Formulare verständigen können. Ein Vergleich der Beipackzettel ist nicht möglich.

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Test: Beipackzettel für Finanzprodukte lassen Anleger ratlos zurück

Beipackzettel für Finanzprodukte sollten für mehr Transparenz sorgen und Anleger über Risiken informieren. Doch ein Test von Verbraucherschützern fällt ernüchternd ernüchternd aus.

Sie sollen Transparenz schaffen und die Anleger informieren, doch die Produktinformationsblätter, die derzeit auf dem Markt sind, schaffen eher Verwirrung als Übersichtlichkeit. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV), die dem Tagesspiegel vorliegt. Die Verbraucherschützer hatten zwölf Infoblätter von sieben Anbietern verglichen. Ihr Fazit ist ernüchternd: Ein Vergleich der Produkte ist nach wie vor nicht möglich. „Es ist höchste Zeit für klare gesetzliche Standards“, sagte VZBV-Chef Gerd Billen dem Tagesspiegel.

Die ING Diba war die erste, inzwischen haben fast alle Sparkassen, Volks- und Privatbanken Beipackzettel, in denen sie ihren Kunden Chancen, Risiken und Kosten der von ihnen angebotenen Finanzpapiere erklären. Bisher machen sie das freiwillig, doch die Bundesregierung will die Produktinformationsblätter gesetzlich vorschreiben. Ein entsprechender Entwurf aus dem Bundesfinanzministerium soll am 23. Juni vom Kabinett abgesegnet werden.

Positive Informationen werden groß, negative klein dargestellt

Das ist auch nötig, finden Verbraucherschützer und berufen sich dabei auf ihre Untersuchung. Danach sind die Produktinformationen meist mit verkaufsfördernden Informationen vermischt, positive Informationen werden breit dargestellt, negative – Risiken, Kosten – eher knapp beschrieben. Die Angaben seien häufig nicht verständlich, vor allem bei komplexeren Produkten. Der VZBV hatte Infoblätter der Targobank (Ex-Citibank), ING Diba, Deutschen Bank und der Bausparkasse Mainz getestet sowie Musterblätter des Bundesverbandes deutscher Banken, der Sparkassen und des Deutschen Derivateverbands. Alle sind unterschiedlich. Verbraucher, die anhand der Infoblätter eine Anlageentscheidung fällen wollen, bleiben ratlos zurück.

Denn bislang haben sich die drei Verbände der Finanzwirtschaft nicht auf einheitliche Formulare verständigen können. Während Sparkassen und Volksbanken gemeinsame Sache machen, ist der Bundesverband deutscher Banken ausgeschert und hat Ende Februar ein eigenes Musterinfoblatt entwickelt. Doch viele Privatbanken lassen das links liegen und verwenden lieber ihre Eigenkreationen.

Jetzt will der Finanzminister genauere Vorschriften für die Informationsblätter machen

Der Bundesregierung wird es jetzt zu bunt. Bereits im Juli vergangenen Jahres hatte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) einen Vorschlag für ein Produktinfoblatt ins Netz gestellt, der die Finanzbranche dazu animieren sollte, auf freiwilliger Basis für mehr Vergleichbarkeit und Transparenz zu sorgen. Doch der Vorstoß verpuffte. Jetzt will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Finanzinstituten in seinem Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes vorschreiben, wie ihr Produktinformationsblatt in groben Zügen aussehen soll. Nicht mehr als zwei Seiten soll es haben und in „übersichtlicher“ und „leicht verständlicher Weise“ die Art des Finanzinstruments, seine Funktionsweise, die Risiken, die Chancen und alle mit der Anlage verbundenen Kosten auflisten.

Verbraucherschützern reicht das nicht. „Der Wildwuchs geht weiter“, glaubt Manfred Westphal, Finanzexperte des VZBV. Er fordert eine stärkere Standardisierung durch das Gesetz und die Festlegung von Risikoklassen. „Was bei der einen Bank in Risikoklasse 3 fällt, ist sonst bei der anderen Risikoklasse 5“, befürchtet Westphal. Einheitliche Risikoklassen vermisst auch die FDP in dem Entwurf. Allerdings will Erik Schweickert, verbraucherpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, die Banken auch nicht zu sehr reglementieren. „Die Banken haben einen Schuss frei, ihre Blätter gesetzeskonform selbst zu entwickeln“, sagte er dem Tagesspiegel.

Bei der Union ist man mit dem Schäuble-Entwurf zufrieden. „Es ist alles Wichtige geregelt“, meint Lucia Puttrich, verbraucherpolitische Berichterstatterin der Unionsfraktion. „Wichtig ist, dass der Verbraucher nicht 27 Seiten in die Hände gedrückt bekommt.“ Die Finanzbranche lässt sich durch das neue Gesetz nicht aus der Ruhe bringen. Der Sparkassenverband verteilt seine Musterblätter jetzt an die Sparkassen im Land. Bedenken wegen des neuen Gesetzes hat der Verband nicht. „Wir erfüllen alle gesetzlichen Regelungen“, heißt es auf Anfrage.

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