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Wirtschaft: Vegetarier werden stumm

DAS TESTURTEIL: 1 Punkt(0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen) Zugegeben, ich bin ein Am-Tisch-zubereitete-Gerichte-Skeptiker. Deshalb hatten in unserem Haushalt Fondue und Raclette bisher keine Chance.

DAS TESTURTEIL: 1 Punkt

(0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen)

Zugegeben, ich bin ein Am-Tisch-zubereitete-Gerichte-Skeptiker. Deshalb hatten in unserem Haushalt Fondue und Raclette bisher keine Chance. Teller mit abgetrennten Saucen-Abteilungen sind seit jeher streng verboten. Dieser Rigorismus hat im Familien- und Freundeskreis vernichtende Kritik zur Folge. Es seien ungesellige, intolerante und willkürlich verhängte Tabus, mit denen ganze Samstagabende von den echten kulinarischen Höhepunkten des Lebens abgeschnitten würden, hieß es. Als also vor wenigen Wochen im Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ ein neues Am-Tisch-zubereitet- Instrument als klarer Kauf angepriesen wurde, war ich mürbe genug, um mich dem Mongolenhut – oder auch Mountaingrill – auszusetzen. Ergebnisoffen.

Der Mongolenhut ist ein schwarz glänzender teflonbeschichteter spitz zulaufender Tischgrill mit kleinen Widerhaken, der mit drei Brennpastendosen in Windeseile auf 200 Grad beheizbar ist. Man wirft Filetstückchen – gerne auch Großgarnelen – gegen den Hut, das Geworfene brutzelt sich am Widerhaken fest und nach wenigen Sekunden liegt köstlichstes Fleisch verzehrbereit mitten auf dem Tisch. Für die Beilage sorgt die Hutkrempe, in der allerlei Gemüse im herabtropfenden Fleischsaft schmort. So weit die Theorie.

In der Praxis muss man schon mongolische Härte besitzen, um sich einen ganzen Abend lang einem mit rohem Fleisch behängten Tischaufsatz auszuliefern, der an eine Metzgereiauslage erinnert. Bei Fondue verschwinden die Brocken gnädig im Topf, hier werden sie ausgestellt. Das beeinflusst die Tischgespräche, jedenfalls bei ungeübten Am-Tisch-Zubereitern. Man denkt darüber nach, warum die Mongolen ihre Steaks erst mürbe geritten haben, bevor sie sie sich an den Hut steckten. Reisefachleute erzählen von Mongolei-Besuchen in atemberaubender Einfachheit und mit extrem kargen Mahlzeiten. Schwaben erklären, was in ihrer Heimat aus den wunderbaren Fleischstücken so alles zubereitet wird. Vegetarier sagen gar nichts mehr. Denn die versprochene Gemüsebeilage, sie wird und wird nicht gar. Nach dem Abbrennen der ersten drei Brennpastentöpfe sind die Karotten gerade mal lauwarm, nach dem zweiten Durchlauf sind die Zucchinis essbar. Danach ist Mitternacht.

Einen Vorteil hat der Mongolenhut (Preis ab 129 Euro, bei CAD-Tecs, Telefon 06182/8244683). Nach dem Gebrauch sieht er zwar aus, als brauche es eine ganze Autowaschanlage zur Reinigung. Doch ein kurzes Tauchbad in der Spüle und schwupps, da steht er wieder, der Mongolenhut. Schwarz, glänzend, teflonbeschichtet. Kriegerisch.

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