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Verbraucherschutz: Rückrufaktionen: Zur Sicherheit surfen

Kunden können gefährliche Produkte zurückgeben – doch oft erfahren sie gar nicht erst, dass sie betroffen sind.

Krankmachende Listerien-Bakterien im Lidl-Käse, wacklige Kinderstühle von Ikea oder unsichere Senseo-Kaffeemaschinen von Philips, die Liste der Rückrufe ist lang. Das Problem: Viele Verbraucher erfahren gar nichts von den Bedrohungen in ihrem Haushalt – es sei denn, sie surfen regelmäßig im Internet.

Seit 2004 betreibt die EU das Schnellwarnsystem Rapex (www.rapex.eu). EU-weit werden dort gefährliche Verbraucherprodukte erfasst. 1866 waren es 2008, und damit 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders häufig betroffen: Spielzeug, Artikel für Kleinkinder (Fahrräder, Schnuller) und Elektrogeräte. 59 Prozent der Waren kamen aus China. Neuere Zahlen gibt es nicht, und auch Lebensmittel werden von Rapex nicht erfasst. Diese haben mit RASFF ein eigenes Warnsystem (www.bvl.bund.de). Doch das dient ausschließlich dem Informationsaustausch der Behörden, Produktnamen werden in den Listen nicht genannt.

Wer wissen will, welche Produkte (Non-Food) von Firmen in Deutschland zurückgerufen worden sind, kann sich bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (www.rueckrufe.de) informieren. 41 Fälle waren es 2009 – von Langlaufschuhen der Firma Rossignol bis zu Nokia-Ladegeräten. 2008 gab es gerade einmal zwei Meldungen. Wer nicht im Internet surft, muss auf Aushänge in den Geschäften achten oder auf Zeitungsmeldungen.

Gefährliche Produkte kann man zurückgeben, man bekommt sein Geld zurück oder ein einwandfreies Modell. „Der dem Einzelnen entstandene Zeitaufwand wird nicht ersetzt“, sagt Tobias Bomsdorf von der Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle. Sollte der Toaster jedoch in Flammen aufgehen und die Wohnung in Brand setzen, bevor man ihn in den Laden zurücktragen konnte, kann der Kunde Schadenersatz verlangen. Dafür sind in der Regel der Hersteller oder der Importeur zuständig. Das Problem: Ob sie die Ware aus dem Handel zurücknehmen oder beim Verbraucher zurückrufen, liegt zum großen Teil im Ermessen der Hersteller. „Hier ist eine genaue Gefahrenanalyse notwendig. Was ist erforderlich, um die von einem Produkt ausgehenden Gefahren so weit wie möglich auszuschalten? Und wie erreicht das Unternehmen möglichst viele der potenziell Betroffenen?“, sagt Bomsdorf. Auch die Behörden können einen Rückruf anordnen. Das geschieht aber eher selten.

Verbraucherschützer sind mit dem System unzufrieden. „Unternehmen rufen ihre Waren nur dann zurück, wenn das Leben oder die Gesundheit gefährdet sind“, rügt Monika Büning vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. „Diese Schwelle erreicht man nicht so schnell.“ Die Firmen haben Angst vor einem Imageschaden – zu Unrecht, wie Büning meint: „Verbraucher vergessen recht schnell.“ Wie im Fall Mattel. Der Barbiepuppenhersteller musste 2007 knapp 20 Millionen Spielwaren zurückrufen, die in China produziert worden waren. Zwei Jahre später ist der Skandal passé. Im Quartal rund um Weihnachten konnte der amerikanische Konzern seinen Gewinn mit 328 Millionen Dollar fast verdoppeln. 

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