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© Mike Wolff

Verbraucherschutz: Stille Post

Die Bundesregierung will Konsequenzen aus den jüngsten Skandalen ziehen und den Handel mit Kundendaten einschränken.

Die Daten aller geschäftsfähigen Bundesbürger sind auf dem Markt. Teils ganz legal, teils auf einem lukrativen Schwarzmarkt können Informationen über Namen, Adressen, Familienverhältnisse, teilweise Bankdaten, mitunter auch Vermögen oder Kaufgewohnheiten praktisch der kompletten Bevölkerung erworben werden. Davon zumindest gehen die Datenschützer in Deutschland aus. Und ihre These erhält von Skandal zu Skandal neue Grundlagen: Über Lotterien, Gewinnspiele, Callcenter, Telefongesellschaften oder auch Banken sind allein im vergangenen Jahr viele Millionen Datensätze vielfach illegal in Umlauf geraten. Die harmloseste Folge davon ist noch unliebsame Werbung. Schon gravierender sind vorgetäuschte Geschäfte oder unbefugte Geldeinzüge von Bankkonten.

WIE WILL DIE REGIERUNG DEN SCHUTZ DER VERBRAUCHER VERBESSERN?

Für die Verbraucher soll sich schnell etwas ändern. Die Bundesregierung hat einen Entwurf für das Bundesdatenschutzgesetz vorgelegt, mit dem der legale Datenhandel eingeschränkt und der Missbrauch der Daten zumindest mit härteren Strafen belegt wird. Am vergangenen Montag befasste sich der Innenausschuss des Bundestages in einer Anhörung mit dem Gesetzentwurf. In dieser Woche wollen sich die Experten der Koalitionsfraktionen über eine Endfassung des Gesetzes verständigen.

DÜRFEN DATEN AUCH KÜNFTIG

UNBESCHRÄNKT GEHANDELT WERDEN?

Bisher galt bei der Weitergabe von Daten: Wer nicht widerspricht, hat automatisch zugestimmt. Dieses Prinzip soll jetzt, falls der Entwurf Gesetz wird, umgekehrt werden. Nur wer beim Abschluss eines Vertrages in die Weitergabe seiner Daten einwilligt, muss mit der (legalen) Weitergabe dieser Daten rechnen. Ohne Einwilligung des Kunden dürfen Unternehmen die Informationen künftig nur zu eigenen Werbezwecken oder zur eigenen Marktforschung nutzen. Ausgenommen von der Regelung sind lediglich gemeinnützige Spendensammler.

Adresshändler, der Versandhandelsverband, Direktbanken und Verlage kritisieren die Abschaffung dieses sogenannten Listenprivilegs scharf. Das führe zu einem faktischen Verbot von Neukundenwerbung. Auch Abgeordnete der Koalitionsfraktionen haben sich bereits für eine weniger strikte Regelung ausgesprochen. Möglicherweise wird es noch mehr Ausnahmen geben, heißt es jetzt aus der Koalition.

WAS PASSIERT, WENN ICH NICHT IN DIE DATENWEITERGABE EINWILLIGE?

Der Gesetzentwurf enthält das sogenannte Kopplungsverbot: Ein Unternehmen darf den Abschluss eines Vertrages nicht davon abhängig machen, dass der Kunde in die Weitergabe einwilligt.

WAS GESCHIEHT MIT SCHON

ERHOBENEN DATEN?

Kundendaten haben nur eine begrenzte Haltbarkeit. Informationen über Wohnort, Familie oder Kaufgewohnheiten gewinnen ihren Wert nur durch ihre Aktualität. Deshalb dürften alte Daten ihren Wert allmählich verlieren. Allerdings müssen Unternehmen künftig ausweisen, woher die Daten, auf deren Grundlage sie Verbraucher anschreiben, stammen. Dies erleichtert nicht zuletzt einen Widerspruch gegen die Nutzung der Daten – sowohl der neuen wie der alten Daten.

STOPPT DAS GESETZ DEN ILLEGALEN 

DATENHANDEL?

Der Handel mit Daten, die ohne Befugnis kopiert wurden, ist schon jetzt verboten. Allerdings wird den Firmen künftig auferlegt, die Kunden sofort in Kenntnis zu setzen, wenn ihre Daten unrechtmäßig weitergegeben wurden. Dem kriminellen Datenhandel wird der Marktzugang so zumindest erschwert. Die Regierung plant zudem höhere Bußgelder im Fall des Missbrauchs. Außerdem soll ein sogenanntes Datenschutzaudit für einen besseren Umgang mit Daten in Unternehmen sorgen. Das Audit, eine Art Prüfsiegel für guten Datenschutz, wird von zugelassenen Kontrollstellen vergeben und regelmäßig kontrolliert. In Firmen, bei denen die Einhaltung der Datenschutzkriterien überprüft wird, kommen weniger Kundendaten abhanden, so ist zumindest die Hoffnung.

SIND AUCH ÄNDERUNGEN BEIM SCORING GEPLANT?

Das Scoring, bei dem anhand von vielfältigen Kriterien wie etwa der bisherigen Zahlungsmoral, der Anzahl von Kreditkarten aber auch – recht umstritten – anhand des Wohnorts die Wahrscheinlichkeit der Kreditwürdigkeit eines Kunden mithilfe computergestützter Verfahren eingeschätzt wird, soll eingeschränkt werden. In einer weiteren Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes hat die Koalition beschlossen, das Scoring überhaupt erst auf eine Rechtsgrundlage zu stellen. Zugleich werden damit einheitliche Standards eingeführt, um Willkürentscheidungen zu verhindern. Geregelt wird außerdem, dass eine Negativmeldung über die Zahlungsmoral eines Kunden erst nach zwei Mahnungen an Auskunfteien gehen darf.

Um gegen eine Entscheidung zum Beispiel über die Nichtvergabe eines Kredites protestieren zu können, muss der Kunde wissen, warum sein Antrag abgelehnt wurde. Künftig hat der Kunde das Recht auf genau diese Auskunft – und zwar auf Wunsch in einem persönlichen Gespräch.

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