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Wirtschaft: Vorsicht Zinsen

Notenbanken drehen an der geldpolitischen Schraube: Wie Anleger am Rentenmarkt profitieren

Vorsicht hat sich für Anleger in den vergangenen Jahren ausbezahlt. Wer Aktien weiter links liegen ließ und gegen den Rat der meisten Analysten noch auf festverzinsliche Papiere setzte, konnte ordentliche Gewinne einstreichen. „2004 war ein bombastisches Rentenjahr. Der Ertrag aus Kurszuwächsen und Zinsen bei langjährigen Anleihen lag bei acht Prozent“, sagt Elke Speidel-Walz, Investmentstrategin im Privatkundengeschäft der Deutschen Bank. Bloß: Die guten Zeiten sind vorerst vorbei. „Die Ertragserwartungen sind bescheiden für 2005 – und sehr viel niedriger als im letzten Jahr“, sagt Speidel-Walz.

Seit Jahren sind die Renditen auf Talfahrt – derzeit liegt die Umlaufrendite deutscher Papiere mit hoher Bonität bei im historischen Vergleich sehr niedrigen 3,36 Prozent –, während die Kurse gestiegen sind. Steigende Renditen bedeuten im Gegenzug fallende Kurse. Doch vor allem die Kurssteigerungen waren die Ursache für die hohen Erträge bei Anleihen. Das macht den Anlegern die Entscheidungen schwer. „Es geht jetzt mehr oder weniger um das Umschiffen von Risiken“, sagt Speidel-Walz.

Wie stark die Zinswende ausfallen wird, hängt davon ab, wie sich die Zentralbanken bei ihrer Geldpolitik verhalten werden. Für Anleger, die auf die sicheren Bundesanleihen setzen, sind die Zinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) maßgeblich. Peter Müller, Rentenexperte der Commerzbank, rechnet wie die meisten Analysten damit, dass die EZB den Zinssatz bis Jahresende von 2,0 auf 2,5 Prozent anheben wird. Schließlich ist die US-Notenbank schon seit vergangenem Jahr dabei, ihre Zinsen schrittweise zu erhöhen. Sollte die EZB folgen, dann heißt das: Die Rendite von zehnjährigen Bundespapieren dürfte von derzeit 3,6 Prozent auf 4,4 Prozent steigen. Noch stärker werde sich der Zinsschritt auf Anleihen mit kürzeren Laufzeiten auswirken, sagt Müller. Bei einem zweijährigen Bundespapier sei mit einer Rendite von 3,7 Prozent zu rechnen – nach 2,45 Prozent heute.

Deutsche-Bank-Expertin Speidel-Walz rechnet im Gegensatz zu Müller nicht mit einem Zinsschritt der EZB. Es gebe für die Zentralbanker zurzeit und erst recht nicht in der zweiten Jahreshälfte keinen Grund, das Geld zu verteuern. „Die Konjunktur läuft mäßig, die Inflationsrate wird ab Sommer – auch wegen der Beruhigung bei den Ölpreisen – deutlich unter zwei Prozent liegen. Warum sollte die EZB da viel tun?“ Sie sieht deshalb für Anleger, die jetzt Rentenpapiere kaufen wollen, keinen Grund abzuwarten. Sie sollten sich nur nicht auf einen zu langen Zeitraum festlegen lassen. Anleihen mit einer Restlaufzeit von vier bis fünf Jahren seien eine gute Wahl.

Dagegen rät Müller von der Commerzbank, mit dem Kauf noch etwa ein halbes Jahr zu warten und das Kapital etwa mit einmonatiger Bindung am Geldmarkt anzulegen. Erhöhe die EZB tatsächlich die Zinsen, werde der kurzfristige Zinsverlust schnell ausgeglichen. Selbst bei zweijährigen Anleihen lohne sich das Warten, sagt Müller. In der Folge sollten Anleger die weitere Zinsentwicklung genau beobachten und ihr Geld sukzessive investieren.

Nach Alternativen zu den sicheren Staatsanleihen haben in den vergangenen Jahren viele Anleger gesucht. Besonders gefragt waren Unternehmensanleihen und Schuldpapiere von Schwellenländern. Aber die sind mittlerweile kaum noch attraktiv. „Zum Teil sind sie extrem teuer“, sagt Speidel-Walz. Die Kurse seien teilweise auf Rekordniveau, die gebotenen Aufschläge für das wesentlich höhere Risiko nur noch gering. Wen trotzdem ein Zinssatz von neun Prozent wie bei einer ungarischen Forint-Anleihe anzieht, der sollte sich darüber im Klaren sein, dass ein „beträchtliches Wechselkursrisiko“ besteht. Besser wäre es, einen Investmentfonds zu kaufen, der das Risiko breit streut und neben Forint-Anleihen auch auf Papiere stabilerer Währungen setzt.

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