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Wirtschaft: Wenn die Rendite lächelt

Viele Anleger suchen Alternativen zur Aktie: Wer in Kunst investieren will, braucht Geld und Zeit

Wer 1940 sein Geld in Gold angelegt hat, hat ein schlechtes Geschäft gemacht – jedenfalls im Vergleich zu einem Investment in chinesische Keramik. „Der Kunstmarkt – für den steht die chinesische Keramik – hat sich tausendmal besser entwickelt als der Goldmarkt“, sagt der Rohstoffanalyst und Kunstmarktexperte der Dresdner Bank, Wolfgang Wilke. „Kunst ist eine der besten, wenn nicht sogar die beste Geldanlage, wenn man es über die Jahrhunderte betrachtet.“ Zwar dürften die wenigsten Investoren einen so langen Anlagehorizont im Auge haben, wenn sie finanzielle Entscheidungen treffen. Dennoch wenden sich immer mehr Anleger, die nach Alternativen zur Aktie suchen, dem Kunstmarkt zu. Der hat allerdings seine eigenen Regeln.

„Der Kunstmarkt hat sich prächtig entwickelt in diesem Jahr“, sagt Christina Schroeter-Herrel, Leiterin Kunstberatung bei der Deutschen Bank. „Auf den Frühjahrs- und Herbstauktionen in New York und London wurden vielfach Höchstpreise bezahlt.“ Die großen Auktionshäuser Sotheby´s und Christie´s verbuchten im ersten Halbjahr kräftige zweistellige Umsatzzuwächse. Im Mai versteigerte Sotheby´s Pablo Picassos Gemälde „Junge mit Pfeife“ für mehr als 104 Millionen Dollar. Es ist nun das teuerste Gemälde der Welt. Höchstpreise werden derzeit aber auch für junge deutsche Malerei bezahlt. Schroeter-Herrel rät zur Vorsicht. „Es ist ein starker Trend, ob es nur eine Mode ist, werden wir später sehen.“

Wer Geld in Kunst investieren will, muss mit starken Preisschwankungen rechnen. Selbst wenn die Preise für Gemälde, Skulpturen oder Antiquitäten anziehen, muss das nicht für einzelne Objekte gelten. „Kunstwerke sind nicht wie Aktien normiert“, sagt Wilke. Seinen Höhepunkt habe der Kunstmarkt in den Jahren 1989/90 erreicht. „Während der Aktienhausse haben viele Spekulanten vor allem aus Japan ihre Gewinne in Kunst angelegt“, sagt Wilke. Den tiefsten Punkt habe der Markt etwa 1993 erreicht. Bis 2000 hätten die Durchschnittspreise auf internationalen Märkten dann wieder angezogen. „Seit drei, vier Jahren hat sich das Niveau unter Schwankungen gehalten. Den Einbruch auf dem Aktienmarkt hat der Kunstmarkt gut weggesteckt“, sagt Wilke. „Das ist auch ein Zeichen dafür, dass Kunst eine eigene Anlageklasse ist.“

„Kunst ist immer eine Wertanlage“, sagt Schroeter-Herrel. Es komme nur auf die Definition an. „Kunst ist mit einem ideellen Wert verknüpft, man kauft die Inhaltlichkeit und die künstlerische Vision.“ Zwar agieren Spekulanten am Markt, die sich nur für die finanzielle, nicht aber für die emotionale Rendite interessieren. Doch um erfolgreich zu sein, muss man sich auf dem engen Markt sehr gut auskennen. „Neulingen kann ich das nicht empfehlen“, sagt Schroeter-Herrel. Wer in Kunst investieren wolle, der sei bei Künstlern mit hohem Bekanntheitsgrad und bei Werken von besonderer Qualität auf der sicheren Seite – zahlt aber auch höhere Preise. Die Investition in junge Künstler ist preiswerter, aber auch riskanter.

„Ohne eine Affinität zu dem Thema macht es ohnehin keinen Sinn, in Kunst zu investieren“, sagt Wilke. Nur intensive permanente Marktbeobachtung könne einen Investor vor scharfen Preisänderungen zu seinen Ungunsten bewahren. Aber der Wert von Kunst ist weder mess- noch vergleichbar. Orientierung können Auktionen oder auch der Kunstkompass der Zeitschrift „Capital“ bieten. Bei der Rangliste der gefragtesten Künstler wird unter anderem berücksichtigt, in welchen Ausstellungen ein Künstler vertreten war. Auf Platz eins in diesem Jahr: der deutsche Maler Gerhard Richter. Der Preis für mittelgroße neuere Arbeiten: 300000 bis 400000 Euro.

In Kunst sollte man ohnehin nur Geld investieren, das man nicht zu einem absehbaren Zeitpunkt wieder braucht, sagen die Experten. So kann man gelassen das Auf und Ab des Marktes beobachten: „Sie können jeden Morgen in der Zeitung lesen, dass ihre Aktien gerade wieder zehn Prozent verloren haben. Wenn der Cézanne an der Wand zehn Prozent an Wert verliert, lächelt er sie immer noch an“, sagt Wilke.

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