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Werbung: Abzocke am Handy

Wer auf Werbebotschaften per SMS antwortet, kann schnell mehrere hundert Euro los sein.

Daniel Marhenke hat sich über die vielversprechende SMS auf seinem Handy gefreut: „Jemand, der dich gern hat, hat dir eine Video-Botschaft geschickt. Bitte sende zum Abrufen ,Text oder Video‘ an diese Nummer.“ Daniel antwortete, ohne lange zu überlegen, und erhielt prompt die nächste Kurzmitteilung: „Cool, dass du geantwortet hast. Freu mich! Bitte beachte, dass dich diese SMS 1,99 Euro kostet. Du bekommst gratis Kontakte, Pics etc.! Abmelden 01805/013242.“ Cleverer war Alexander Wragge. Auch sein Handy wurde mit unbestellten Werbebotschaften überschwemmt, geantwortet hat er auf keine. Kosten sind für ihn daher nicht entstanden.

Unseriöse Werbe-SMS werden für immer mehr Handynutzer zu einem echten Ärgernis. Allein im vergangenen Jahr meldeten sich 32 000 Bürger bei der Bundesnetzagentur, die sich durch Handy- Spam belästigt fühlten. Tendenz steigend. Wie hoch die Zahl der Geschädigten genau ist, weiß niemand. „Die Dunkelziffer ist enorm“, sagt Rudolf Boll, Sprecher der Bundesnetzagentur.

Die häufigsten Kostenfallen sind sogenannte Premium-SMS. Diese Nachrichten mit fünfstelliger Absendernummer werden in der Regel für Wetter- oder Nachrichteninformationen genutzt. Unseriöse Anbieter verschicken per Premium-SMS jedoch ungefragt Werbung für teure Kurzwahldienste. Die kosten nicht selten mehrere Euro pro Minute.

„Auf den hohen Preis muss bei Kurzwahldiensten erst ab zwei Euro pro Minute hingewiesen werden. Man muss ganz genau hinschauen, ob der Premium-SMS-Anbieter seriös ist“, sagt Carola Elbrecht vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Wer auf eine Premium-SMS reagiert, sollte sich vergewissern, ob es sich um ein einmaliges Angebot oder um ein Abonnement handelt. Wichtig ist außerdem, ob sich der Anbieter des Premium-Dienstes zu erkennen gibt und über die anfallenden Kosten informiert.

Werbe-SMS wie die von Daniel Marhenke kommen dagegen nicht von Kurzwahlnummern, sondern von ganz gewöhnlichen Mobilnummern. „Die Versender arbeiten mit ganz einfachen Tricks. Sie sprechen den Empfänger persönlich an und machen verlockende Versprechungen“, sagt Verbraucherschützerin Elbrecht. Sie empfiehlt: „Bloß nicht antworten.“ Denn wenn die Anbieter erst merken, dass jemand auf eine Lock- SMS reagiert, schicken sie immer mehr kostenpflichtige Kurznachrichten hinterher. Oft melden sich Verbraucher bei den Beratungsstellen, die Handyrechnungen von mehreren hundert Euro haben.

Rechtlich sind den Wereversendern eigentlich enge Grenzen gesetzt. Doch sie stören sich nicht daran, dass werbende SMS oder MMS in Deutschland nicht anonym verschickt werden dürfen. Spam-SMS, also unbestellte Werbung, dürfte es eigentlich gar nicht geben. Laut Gesetz darf elektronische Post nur nach ausdrücklicher Einwilligung durch den Empfänger zugestellt werden. Daran halten sich die Spam-Dienste jedoch nicht. „Viele Nutzer willigen allerdings auch ein, ohne davon zu wissen. Die Leute gehen viel zu leichtfertig mit ihren Handynummern um“, sagt Verbraucherschützerin Elbrecht. Wer sich auf Internetseiten anmeldet, müsse das Kleingedruckte genau lesen. Nur dann könne man sichergehen, hinterher nicht durch ständige Werbebotschaften genervt zu werden. „Manche Anbieter verschicken sogar nach dem Zufallsprinzip SMS an beliebige Nummern und hoffen, dass jemand antwortet“, sagt Elbrecht.

Wer erst einmal in den SMS-Verteiler eines unseriösen Anbieters aufgenommen ist, kommt nur schwer wieder heraus. Eigentlich müsste der Spam mit einer Widerrufs-SMS, die nicht mehr als den Basistarif kosten darf, ein Ende haben. Doch oft piepst das Handy trotz elektronischen Widerrufs weiter. Die Verbraucherzentralen empfehlen, strittige Beträge auf der Telefonrechnung nicht zu bezahlen und sich mit Beschwerden zusätzlich an die Bundesnetzagentur zu wenden. „Wenn wir mehrere Beschwerden zu einer rechtswidrigen Spamnummer bekommen, können wir die Nummer sperren und ein Rechnungsverbot aussprechen“, sagt Boll von der Bundesnetzagentur. Ein Rechnungsverbot gilt rückwirkend vom Zeitpunkt der ersten Beschwerde an. Von diesem Zeitpunkt an müssen Geschädigte keine offenen Beträge mehr bezahlen.

Allein im August sperrte die Bundesnetzagentur 14 Nummern. Diese Einzelmaßnahmen greifen jedoch häufig zu kurz, da die Anbieter einfach auf eine neue Mobilnummer ausweichen können, von der sie dann weiter ihre Spam-SMS verschicken. Die Verbraucherverbände gehen daher zusätzlich rechtlich gegen die Geschäftsführer vor, um ihnen dauerhaft das Handwerk zu legen.

Viele Geschädigte tauschen im Internet ihre Erfahrungen aus. Das Forum www.antispam.de platzt aus allen Nähten. Hier können Telefonierer herausfinden, ob andere Nutzer gleiche Erlebnisse mit bestimmten Spamnummern gemacht haben und was sie dagegen tun.

Hilfe gibt es für Geschädigte nicht nur bei Bundesnetzagentur und Verbraucherzentralen, sondern auch bei den Mobilfunkanbietern. Mit Suchmaschinen der Netzbetreiber können die Betreiber von Premium-SMS ausfindig gemacht werden. Bei den Firmen können sich Geschädigte dann direkt aus den Verteilern löschen lassen und die Betreiber zur Unterlassung verpflichten.

Eine aktuelle Änderung des Telekommunikationsgesetzes sowie ein Urteil des Bundesgerichtshofes stärken zusätzlich den Auskunftsanspruch der privaten Verbraucher für gewöhnliche Mobilnummern. Seit Neuestem haben auch private Nutzer das Recht, Name und Anschrift des Nummernbesitzers bei den Mobilfunkanbietern zu erfragen. Doch auch hier gibt es Probleme. Die Verantwortlichen sind nur schwer auszumachen: Oft handelt es sich um weit verzweigte Briefkastenfirmen mit Sitz im Ausland.

Johannes Pennekamp

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