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Brandenburg: Verfassungsschutz beobachtet Fußballfans

Hilfe für Vereine beim Kampf gegen Rechtsextreme / Regelmäßig rassistische Rufe bei Viktoria Frankfurt

Frankfurt (Oder) - Angesichts der sich häufenden Meldungen über rassistische Vorfälle in unteren Fußballligen nimmt der Verfassungsschutz jetzt den Amateurfußball in den Blick. Präsidentin Winfriede Schreiber kündigte an, dass ihre Behörde künftig stärker Fußballvereine und deren Fanprojekte in den unteren Ligen im Kampf gegen den Rechtsradikalismus unterstützen werde. „Bei Energie Cottbus sehen wir, dass rechtsextremistisches Mobilisierungspotenzial sich in Fangruppen mischt“, sagte Schreiber. Dort fällt die Gruppe „Inferno Cottbus“ bei Auswärtsspielen der Amateurmannschaft durch antisemitische Symbole und rassistische Aktionen auf. Und das lockt nun die rechtsextreme NPD an: Der Landesvorsitzende der NPD, Klaus Beier, sagte, dass seine Partei die „Nähe zu Fußballvereinen“ suche. „Ich stelle mir etwa eine Stadion-CD vor, die so funktioniert wie unsere Schulhof-CD. Die könnten wir vor dem Stadion der Freundschaft in Cottbus verteilen.“ Mit der Schulhof-CD, auf der musikalisch gegen „linke Pauker und Spießer“ gewettert wird, ging die NPD im Bundestagswahlkampf 2005 vor Brandenburger Schulen auf Stimmenfang.

Neben Cottbus rückte in der am Wochenende auslaufenden Hinrunde auch immer mehr der Verein Viktoria Frankfurt in den Blick: Seit zwei Jahren hat der Verbandsligist ein Problem mit einer kleinen Gruppe Anhänger, die sich meist bei Auswärtsspielen rechtsradikal und rassistisch zeigt. Häufig auch gewalttätig – und erst dann fallen sie auch den Ermittlungsbehörden auf. So bei einem Ligaspiel in Strausberg, bei einem Pokalspiel in Premnitz, und auch in Bratislava bei der Randale während des EM-Qualifikationsspiels Deutschland-Slowakei im Oktober. Zwei Frankfurter Hooligans wurden dort vorübergehend festgenommen. Auf bis zu 30 Leute wächst diese Gruppe zeitweilig an, mit Verstärkung aus Eisenhüttenstadt und Fürstenwalde. In Frankfurt bilden sie längst den Kern der rechten Szene. Einige seien auch an der Gedenksteinschändung bei der Erinnerung an das Judenpogrom von 1938 am 9. November in Frankfurt beteiligt gewesen, heißt es in Ermittlungskreisen. Und der Verfassungsschutz nimmt davon Notiz. Gordion Meyer-Plath, Leiter des Referats Rechtsextremismus, sagt: „Wir haben uns schon vor der WM Gedanken gemacht, wo die Schnittmenge zwischen Rechtsextremismus und Fußballhooligans liegt; die tatsächliche Erfahrung aber machen wir erst jetzt nach der WM.“

Das sieht dann bei einem Auswärtsspiel der Viktoria etwa so aus: Hinten rechts auf der überdachten Tribüne des Werner-Seelenbinder-Sportplatzes in Brandenburg/Havel übertönen zehn junge Frankfurter den ganzen Platz. Ihre Kleidung ist einschlägig: „Kameradschaft! Nur allein machen sie dich ein“ steht da auf einem Pullover, eine 88 (für den achten Buchstaben des Alphabets: HH, Heil Hitler) im stilisierten Eichenlaubkranz dort auf einer Jogginghose: „Zug, Zug, Zug, Zug Eisenbahn, wer will mit nach Auschwitz fahren“ grölen sie auf den Sitzen stehend. Und weiter: „Keiner ist so schwarz wie Asamoah“, „Juden raus“, später noch „Wir sind rechtsradikal, das weißt du ganz genau“ und „Arbeit macht frei – Babelsberg 03“. 90 Minuten lang geht das so – ohne Reaktion der Ordner oder des Stadionsprechers, der übrigen Zuschauer übrigens auch nicht.

Bei der Frankfurter Initiative „Plattform gegen Rechts“ heißt es: „Wir haben den Verein mehrfach auf diese Rechtsradikalen hingewiesen – erfolglos.“ Den Vorsitzenden der Viktoria ficht all das nicht an: „Diese Leute sind ja nicht mal Mitglied bei uns“, sagt Wolfgang Pohl und sieht so bestimmt drein, als sei das Problem damit erledigt. Pohl ist Landtagsabgeordneter der SPD, war früher Oberbürgermeister von Frankfurt. Stadionverbote hat sein Club gegen die rechten Krakeeler noch nicht ausgesprochen – mit einer etwas fadenscheinigen Begründung: „Das können wir ja nicht machen, die Stadt ist ja Eigentümerin des Stadions.“ Pohls Stellvertreter Alexander Wolf immerhin zeigt sich problembewusster: „Diese Truppe ist wie ein Geschwür, von dem keiner weiß, wo es herkommt – aber wir müssen nun damit fertig werden.“

Olaf S, ermeyer

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