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Brandenburg: Verliebte Staatsanwältin auf der Anklagebank

Weil sie einen Bankräuber geliebt und begünstigt haben soll, muss sich seit gestern eine Staatsanwältin vor dem Potsdamer Landgericht verantworten. Die Anklage wirft ihr uneidliche Falschaussage und versuchte Strafvereitelung im Amt vor.

Von Sandra Dassler

Weil sie einen Bankräuber geliebt und begünstigt haben soll, muss sich seit gestern eine Staatsanwältin vor dem Potsdamer Landgericht verantworten. Die Anklage wirft ihr uneidliche Falschaussage und versuchte Strafvereitelung im Amt vor. Die 50-Jährige ließ zum Prozessauftakt ihre Anwälte verkünden, dass sie unschuldig sei und sich ansonsten nicht zu den Vorwürfen äußern werde.

Das ist der Stoff, aus dem die Hollywood-Filme sind - und deshalb erhielt das Verfahren gegen die vorläufig vom Dienst suspendierte Staatsanwältin Ulrike K. schnell den Namen "Romeo-Prozess". "Romeo" ist in diesem Fall der notorische Bankräuber Wilhelm F. Terhar. Er verbrachte mehr als die Hälfte seiner 54 Lebensjahre hinter Gittern. Das hielt ihn offenbar aber nicht davon ab, reihenweise Frauenherzen zu brechen.

Auch Ulrike K. soll dem Charme des Gangsters, der zuletzt im Jahr 2000 zu dreizehn Jahren Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, erlegen sein. Der Fall ist bislang einmalig in Brandenburg und so außergewöhnlich, dass der Leitende Oberstaatsanwalt von Frankfurt (Oder), Carlo Weber, gestern persönlich die in seiner Behörde erstellte Anklage vortrug. Darin wird der Kollegin vorgeworfen, im Prozess gegen Terhar wahrheitswidrig ausgesagt zu haben, dass dieser vor einer Vernehmung nach eigenem Bekunden Heroin konsumiert habe. Durch diese "bewusst falsche Aussage" wollte Ulrike K. laut Anklage dem Gericht eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Bankräubers suggerieren, um eine geringere Freiheitsstrafe für ihn zu erreichen.

Außerdem soll die Staatsanwältin dem Gericht gesagt haben, sie hätte bei der Vernehmung einer Zeugin im Terhar-Prozess keine Lichtbilder vorgelegt. Diese Zeugin bekundete jedoch das Gegenteil: Ulrike K. habe ihr drei Fotos gezeigt, auf denen sie den Täter auch erkannt hätte. Auch eine Ermittlungsbeamtin will damals die Lichtbilder bei der Staatsanwältin gesehen haben. Warum sollten die beiden Frauen lügen? Die Verteidiger haben da zumindest bei der Zeugin eine ziemlich kühne These: Aus verschmähter Liebe möglicherweise - schließlich handelt es sich bei ihr um die ehemalige Geliebte des Romeo-Gangsters. Und die Vollzugsbeamtin?

Kein Zweifel, die nächsten fünf Verhandlungstage werden genügend Stoff für Spekulationen liefern. Ob am Ende ein Schuldspruch gegen die Staatsanwältin gefällt wird, gilt allerdings keineswegs als sicher. So musste Anklagevertreter Carlo Weber einräumen, dass die besagten drei Fotos bislang nicht gefunden wurden. Am Montag wird der Prozess mit der Beweisaufnahme fortgesetzt. Wilhelm F. Terhar, der Mann, um den sich letztlich alles dreht(e), fehlte gestern im Gerichtssaal. Er wird erst zu einem späteren Zeitpunkt aussagen.

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