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Erntehelfer stechen am 07.05.2013 auf einem Feld in Niedersachsen Spargel. Fast 170 Hilfekräften vorwiegend aus Polen und Rumänien sind auf dem Spargelhof Löscher bei Hopte im Einsatz.

© dpa

Vermeintliche Einbrecher gefesselt und geschlagen: Selbstjustiz: Polnische Erntehelfer misshandelt

Im brandenburgischen Kremmen haben fünf Männer zwei polnische Ernthelfer, die sie für Einbrecher hielten, gefesselt und geschlagen. Die Opfer mussten sich ambulant behandeln lassen und haben Anzeige erstattet.

In Berlins Umlandgemeinden wächst der Ärger über die rasant steigende Zahl von Hauseinbrüchen. Jetzt wird ein Fall von Selbstjustiz gegen polnische Erntehelfer bekannt. Am Montagvormittag hatten drei Männer versucht, in ein Haus einzubrechen, weckten dabei aber die Besitzerin auf. Sie sah nach dem Rechten, verschreckte so die Einbrecher und sah noch, wie die drei Männer in ein nahe gelegenes Waldstück flüchteten. Die alarmierte Polizei startete eine Fahndung, Beamte stießen in ungefähr 1,5 Kilometern Entfernung auf eine Gruppe polnischer Erntehelfer auf einem Spargelfeld, auf welche die Beschreibung jedoch nur vage passte. Die am Tatort aufgefundenen Spuren stimmten nicht mit denen der vier Männer überein, weshalb sie wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Von den Tätern fehlte jede Spur.

Am selben Abend, kurz nach 19 Uhr, wurde die Polizei erneut nach Kremmen beordert. Der Grund: Zwei polnische Bürger wurden auf dem Grundstück, auf dem am Vormittag der versuchte Einbruch stattgefunden hatte, festgehalten, ein dritter hatte fliehen können. Fünf Nachbarn, die sich spontan als vermeintliche Bürgerwehr formiert hatten, hielten die beiden Männer gefangen, weil sie diese für die Einbrecher hielten. Sie hatten die Männer in ein Auto gezerrt, geschlagen und auf das Grundstück gebracht, damit die Hauseigentümerin sie identifizieren kann. Dort fesselten die Männer die beiden 23 und 36 Jahre alten Polen an Holzpaletten und informierten die Polizei.

Die Frau jedoch schloss die Männer als Täter aus. Auch die Ermittlungen der Kriminalpolizei ergaben, dass diese beiden Männer nichts mit dem Einbruch zu tun haben konnten. Als die Beamten eintrafen, wiesen die Polen Verletzungen im Gesicht auf, welche in einer Rettungsstelle ambulant behandelt werden mussten. Daraufhin erstellte die Polizei Strafanzeige gegen die Nachbarn und kündigte an, den Vorwurf der Freiheitsberaubung zu prüfen. Juristisch durch das so genannte Jedermannsrecht gedeckt ist nur, Tatverdächtige auf frischer Tat oder auf der Flucht zu stellen und sofort die Polizei zu informieren.

„Der Haupttäter war am Mittwochmorgen auf dem Spargelfeld und hat sich bei unseren Erntehelfern entschuldigt. Dennoch haben die Helfer Strafanzeige gestellt“, sagte Spargelbauer Malte Voigts. Auch Bürgermeister Klaus-Jürgen Sasse (SPD) entschuldigte sich im Namen der Kleinstadt. Ein Polizeisprecher warnte eindringlich vor Selbstjustiz.

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