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Brandenburg: Volksbegehren für Sozialticket geplant

Landtag stimmte zuvor gegen Billigfahrscheine

Potsdam - In Brandenburg wird es vorerst kein Sozialticket in Bussen, Straßenbahnen und Regionalzügen geben, wie es der rot-rote Senat in Berlin bereits 2005 für Bedürftige eingeführt hat. Mit den Stimmen der SPD/CDU-Koalition hat der Potsdamer Landtag am Mittwoch eine Volksinitiative abgelehnt, die 32 000 Unterschriften gesammelt hatte – 12 000 mehr als erforderlich. Nun wollen die Initiatoren von Links-Opposition, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden voraussichtlich ein Volksbegehren – die nächste Stufe der Volksgesetzgebung – starten. Dafür müssten sich innerhalb von vier Monaten 80 000 Brandenburger in amtlich ausgelegte Listen eintragen. Linke-Landeschef Thomas Nord sieht trotz der hohen Hürden „gute Chancen“. Er verwies auf die jüngste Emnid-Umfrage, nach der 76 Prozent der Brandenburger – sogar 81 Prozent der SPD-Wähler – ein Sozialticket für Empfänger von ALG II und Sozialgeld zum halben Preis befürworten. Die Oppositionsführerin im Landtag, Kerstin Kaiser, warf der Koalition vor, „den Wählerwillen zu ignorieren“. Ähnlich äußerten sich auch der Landes-Arbeitslosenverband und der DGB Berlin-Brandenburg, der „von kleinkarierter Politik in Brandenburg“ sprach. Dass die Stimmung im Lande dem Anliegen aufgeschlossen ist, war allerdings auch den Auftritten der Koalitionäre im Landtag anzumerken. So verzichtete die Regierung auf ihr Rederecht. Insbesondere Redner der SPD lehnten ein Sozialticket nicht grundsätzlich ab. Es sei Sache der Kreise und der kreisfreien Städte, ein solches Ticket einzuführen, sagte etwa die SPD-Abgeordnete Sylvia Lehmann aus Dahme–Spreewald. Der dortige Landkreis hat im Alleingang bereits ein Sozialticket eingeführt, inzwischen zog Teltow-Fläming nach. Man solle in Kommunen erst einmal praktische Erfahrungen sammeln, so Lehmann. Der CDU-Abgeordnete Wilfried Schrey verwies darauf, dass im Regelsatz für ALG-II-Empfänger ein Betrag für Nahverkehrskosten vorgesehen ist. „Es sind 11,04 Euro. Damit kommt man nicht weit“, kritisierte die Linkspartei–Abgeordnete Anita Tack. Das Sozialticket, das das Land 5 Millionen Euro kosten würde, sei finanzierbar: Tack verwies darauf, dass Brandenburg Beträge in dieser Höhe von der Deutschen Bahn AG, unter anderem für nicht erbrachte Leistungen während des Bahnstreiks, erwarte.

Trotz der Ablehnung der Volksinitiative gibt es auch in der Koalition durchaus Bewegung. Der zum linken SPD-Flügel gehörende Abgeordnete Jens Klocksin kritisierte, dass das von der Volksinitiative geforderte Sozialticket nur für eine Stadt, oder einen Landkreis, gelten würde: Er sprach sich für eine weitergehende Lösung aus. Es könne nicht sein, dass man zwei Sozialtickets bräuchte, „um von Ludwigsfelde nach Potsdam zu kommen“. Nächste Woche will sich die SPD-Landtagsfraktion auf eine Klausur zurückziehen, um über die im Land wachsenden sozialen Forderungen – wie Sozialticket, gebührenfreie Schulbusse und Schul-Mittagessen – zu beraten, die von einer Mehrheit der Brandenburger befürwortet werden. Thorsten Metzner

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