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Brandenburg: Was Energie kostet

KOMMENTAR von Roland Koch

Es ist nur eine zarte Aufwärtsbewegung, aber immerhin, es ist eine in Zeiten globaler Abwärtstrends. Die brandenburgische Tourismusbranche verzeichnet seit Monaten ein stetes, leichtes Wachstum. Allein im August kamen 447 100 Menschen ins Land, um hier Urlaub zu machen. Das hat gerade das Amt für Statistik in Potsdam mitgeteilt. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg die Zahl der Gäste damit um 1,7 Prozent. Das ist eine gute Nachricht für alle Märker. Denn mit den Touristen kommen auch die Arbeitsplätze.

Die Touristen kommen, weil sie das weite Land, die Seen, die Wälder und die Ruhe genießen wollen. Die Radtour am Wochenende, der Wellness-Urlaub in der Therme oder die Paddeltour mit den Kindern sind – gerade für Gäste aus Berlin – schnelle Erholung ohne großen Aufwand. Und Brandenburg hat rechtzeitig reagiert. Es gibt immer bessere Radwege, immer mehr kulturelle Angebote und viele günstige und gute Unterkünfte. Hoteliers, Bootsverleiher, Biobauern und viele andere profitieren davon.

Doch der Erfolg ist ein zartes Pflänzchen. Einige Projekte im Land könnten ihn schnell wieder gefährden. Überall drehen die Flügel der Windräder fleißig gegen die Klimakatastrophe an. Was ökologisch sinnvoll ist, könnte bald zum ästhetischen Problem werden. Ist es allmählich soweit, dass der Blick der Ausflügler über keine Lichtung mehr schweifen kann, ohne dass sich der Propeller einer Windkraftanlage vor die Linse ihrer Digitalkamera dreht? Wer mit dem Auto anreist, sieht mancherorts schon jetzt den Wald vor lauter Windrädern kaum noch.

Der Energieversorger Vattenfall hat gerade eine Studie vorgelegt, wonach auf den Abbau der Kohle in der Lausitz keinesfalls verzichtet werden darf. Die Energiewirtschaft bleibe das größte Potenzial der Region. Sie schaffe Arbeit und bringe Steuern. Aber sind es die Tagebaugruben, die die Ausflügler suchen? Eventuell, wenn diese irgendwann geflutet werden, wie es derzeit mancherorts geschieht.

In Wittstock hält derweil die Bundeswehr an ihrem Bombenabwurfplatz fest. In der nahen Müritzregion, in Rheinsberg und an anderen Urlaubsorten ist in den vergangenen Jahren kräftig gebaut, gepinselt und geplant worden. Wenn die Bundeswehr ihren jahrelangen erbitterten Kampf um den idyllischen Flecken im Nordwesten des Landes nicht endlich aufgibt, dürfte vieles davon umsonst gewesen sein. Denn wenn hier die Tornados über die Wipfel pfeifen, droht dem Pilzesammler der Hörsturz.

Die Abwägung zwischen Arbeitsplätzen heute, nachhaltiger Energieversorgung auch für morgen, zwischen Klimaschutz und Sicherheitstraining ist eine Gratwanderung. Nach seinem Rücktritt von der CDU-Parteispitze hat Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns ja nun viel Zeit und Kraft, die er nicht mehr in parteiinternen Machtspielchen vergeuden muss. Er kann sie gut gebrauchen: Das Land braucht gerade jetzt kluge Richtungsentscheidungen.

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