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Wegen Abrechnungsmängeln: Finanzminister verheimlichte Sperrung von EU-Geldern

Im Oktober 2010 stoppte Brüssel Zahlungen aus der Regionalförderung. Das Parlament informierte Minister Helmuth Markov darüber nicht.

Neuer Ärger für Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck: Sein Finanzminister Helmuth Markov (Linke) gestand am Donnerstag ein, dass das Land wegen Abrechnungsmängeln seit Monaten kein Geld aus Brüssel erhält, ohne dass der Minister darüber Parlament und Kabinett informierte. Direkt betroffen von der EU-Sperre sind nach seinen Worten 42 Millionen Euro. Nach Tagesspiegel-Recherchen sind es tatsächlich rund 200 Millionen Euro aus dem Europäischen Strukturfonds für Regionalentwicklung (EFRE). Zwar erwartet die Regierung, dass Brüssel das Geld kurzfristig freigibt. Da Förderbescheide aus Landesmitteln vorfinanziert werden, seien auch keine Projekte im Land betroffen. Doch steht Markov wegen der erneuten Missachtung des Parlaments im Kreuzfeuer der Kritik. Die Opposition bringt seine Entlassung ins Spiel.

Selbst in der rot-roten Koalition, die Markov offiziell stützt und von einem „Sturm im Wasserglas“ spricht, herrscht Fassungslosigkeit. Die Opposition aus CDU, FDP und Grünen sieht Platzeck am Zug. Durch die Amtsführung von Markov, der auch Vize-Regierungschef ist, zögen sich wie „ein roter Faden Pflichtverletzungen im Umgang mit dem Parlament“, sagte Ludwig Burkhardt (CDU), Chef des Finanzausschusses. Für CDU, FDP und Grüne fehlt inzwischen das „Mindestvertrauen“ in den Minister. Entweder sorge Platzeck für eine andere Praxis, „wenn das mit Markov nicht möglich ist, muss er sich einen anderen Finanzminister suchen“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Tatsächlich wurde Markov schon bei der 2010 verhängten Blitz-Haushaltssperre oder in der Krampnitz-Affäre nachgewiesen, den Landtag trotz gesetzlicher Pflicht nicht oder nicht rechtzeitig über wichtige Finanzentwicklungen zu informieren. Erstmals machte Markov nun selbst deutlich, dass er dem Parlament bisweilen bewusst Informationen vorenthält. „Das ist eine Abwägungsfrage. Wenn ich es vorher politisch artikuliere, verschlechtere ich vielleicht meine Verhandlungsposition. Vielleicht bin ich da zu stringent“, sagte Markov in einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung des Finanzausschusses. Für die Opposition widerspricht sein Amtsverständnis einer parlamentarischen Demokratie.

In der Sache bestätigte Markov, dass die EU bereits am 22. Oktober 2010 nach Mängeln eine „Zahlungsunterbrechung“ bei für das Land vorgesehenen EFRE-Geldern verhängte. Er nannte im Parlament eine Summe von 42 Millionen Euro. Dass das Land wegen der Probleme einen weiteren, längst geplanten 150-Millionen-Euro-Antrag gar nicht erst stellte, erwähnte er nicht. Im Jahr 2010 erhielt Brandenburg nach seinen Worten insgesamt 94 Millionen Euro weniger EFRE-Mittel als geplant. In Brüssel liegen bereits 142 Millionen Euro für Brandenburg aus einem anderen Topf, dem EU-Sozialfonds, wegen falscher Verwendungsnachweise der Landesagentur für Strukturförderung und Arbeit (LASA) auf Eis.

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