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Brandenburg: Weißes Pulver, weiße Weste

Im Prozess um einen groß angelegten Kokain-Schmuggel gab der Angeklagte sich gänzlich ahnungslos

Berlin - Drei Container nahm der Herr aus Deutschland im Hafen von Rotterdam in Empfang. Er ließ die aus Südamerika verschiffte Lieferung von 60 Tonnen Dosen-Gemüse in eine Lagerhalle bei Amsterdam bringen. Das gab Hartmut S. gestern vor dem Berliner Landgericht zu. Doch von den 1,65 Tonnen Kokain, die getarnt als Spargel und Paprika in 5000 Dosen steckten, will er nichts geahnt haben. „Davon habe ich erst bei meiner Festnahme in Berlin erfahren“, beteuerte er.

Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass der 57-jährige S. bewusst ins Drogengeschäft eingestiegen ist. Er habe mit mehreren Mittätern verabredet, auf dem Seeweg Kokain von Peru in die Niederlande liefern zu lassen und zu verkaufen. Das Rauschgift in Dosen, das kurz nach der Lieferung im November 2005 sichergestellt worden war, wird auf einen Wert von rund 50 Millionen Euro geschätzt. Als Drahtzieher der Kokain-Fracht gilt ein Spanier mit Wohnsitz in Südamerika.

Hartmut S. aber blieb vor den Richtern ganz und gar ahnungslos. Er sei von einem Bekannten gebeten worden, eine Lagerhalle anzumieten. Man habe nichts Schriftliches aufgesetzt. „Das war alles unter Freunden“, sagte der Charlottenburger. Sein Kumpel T., den er bereits seit 30 Jahren kenne, habe ihm das Geld für die Halle gegeben. Sprachen Richter oder Staatsanwalt Ungereimtheiten in seiner Version an, nuschelte S.: „Was weiß ich, bin doch kein Kaufmann.“ Der gelernte Fliesenleger S., der erst von 130 000 Euro aus einer Erbschaft lebte und zuletzt so gut wie mittellos war, will die Fahrt nach Holland als Einstieg in die Welt des Handels betrachtet haben. Mit T. seien langfristig Geschäfte geplant gewesen. „Er wollte Fisch aus Indien, Mangos aus Afrika, Gemüse aus Südamerika besorgen, ich sollte die Lagerung übernehmen.“ Der Kumpel wurde mit neun weiteren Männern in der Lagerhalle bei Amsterdam festgenommen.

Der Prozess wird am 21. August fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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