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Präsident zum Anfassen.Die texanische Krankenschwester Nina Pham hatte sich am ersten amerikanischen Ebola-Patienten angesteckt. Nun ist sie wieder gesund und besuchte den amerikanischen Präsidenten Barack Obama. Die Umarmung soll die hysterische Debatte in den USA beruhigen.

© imago

10.000 Seuchenopfer in Westafrika: Ebola wird zum Wahlkampfthema in den USA

US-Präsident Barack Obama umarmt eine von Ebola genesene Krankenschwester. In Deutschland wird über eine Quarantäne-Pflicht für heimkehrende Helfer diskutiert. Inzwischen sind 10.000 Westafrikaner an der Seuche erkrankt und 4922 daran gestorben.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Hilde Mattheis, hat sich dafür ausgesprochen, Ärzte oder Pfleger, die in Westafrika Ebola-Patienten behandelt haben, zunächst zu isolieren. Der „Rheinischen Post“ sagte sie, die zurückkehrenden Helfer sollten die Möglichkeit haben, „sich und andere zu schützen“, etwa dadurch, dass sie „nicht unmittelbar nach ihrem Einsatz wieder voll am gesellschaftlichen Leben teilnehmen“. Das Bundesgesundheitsministerium hält eine Quarantäne für zurückkehrende Helfer bisher nicht für notwendig. 21 Tage lang könnten Heimkehrer theoretisch noch erkranken. So lange ist die Inkubationszeit der tödlichen Viruserkrankung.
Die amerikanischen Bundesstaaten New York und New Jersey haben dagegen eine automatische Quarantäne für zurückkehrende Helfer aus den drei am stärksten betroffenen Ländern – Liberia, Sierra Leone und Guinea – angeordnet. In der Isolationsstation einer New Yorker Klinik wird derzeit ein 33-jähriger Arzt behandelt, der in einem Ebola-Behandlungszentrum der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen in Guinea gearbeitet und sich dort mit dem Virus infiziert hat.

In den USA ist Ebola zum Wahlkampfthema geworden

Die beiden Gouverneure Andrew Cuomo (New York) und Chris Christie (New Jersey) haben die Sicherheitsvorschriften deshalb verschärft. Cuomo sagte: „Freiwillige Quarantäne ist ein Widerspruch in sich. Wir haben gesehen, was passiert. Man fährt U-Bahn. Man fährt mit dem Bus. Hunderte über Hunderte könnten angesteckt werden.“ Im Gegensatz zu Cuomo beruhigte der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio, dass der betroffene Arzt noch keinerlei Ebola-Symptome gezeigt habe, als er sich in New York bewegte. De Blasio fuhr demonstrativ mit der U-Bahn zur Arbeit.

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In wenigen Wochen finden in den USA Wahlen statt. Der demokratische Gouverneur Cuomo kämpft um seine Wiederwahl. Der Republikaner Christie ist zwar im vergangenen Jahr als Gouverneur bestätigt worden. Doch in seiner Partei gibt es viele, die eine Schließung der amerikanischen Grenzen für Westafrikaner fordern und die Helfer am liebsten gar nicht mehr zurück ins Land ließen. De Blasio und Obama wiederum bemühen sich darum, die aufkommende Panik im Land zu besänftigen.

Eine Umarmung vom Präsidenten

Auch der amerikanische Präsident bemühte sich am Samstag um ein Zeichen gegen die Hysterie. Er umarmte die Krankenschwester Nina Pham, die sich in Dallas bei der Pflege des dort verstorbenen Ebola-Patienten, der aus Liberia eingereist war, angesteckt hatte. Sie und eine weitere Kollegin sind am Samstag als geheilt aus dem Krankenhaus entlassen worden. Bisher gab es in den USA nur einen Todesfall, den Patienten in Dallas. Alle Helfer, die ausgeflogen worden waren, sowie die zwei Schwestern, die sich in Dallas angesteckt hatten, haben die Krankheit überstanden.

Wie die Ärzte ohne Grenzen sich schützen

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, in deren sechs Behandlungszentren im Krisengebiet derzeit 270 internationale Helfer und 3018 lokale Ärzte und Pfleger arbeiten, rät ihren Mitarbeitern, sich drei Wochen lang von Patienten fernzuhalten. Die Rückkehrer sollen zweimal am Tag Fieber messen, aufmerksam auf mögliche Symptome achten und sich von ihrem anstrengenden und auch psychisch fordernden Einsatz erholen. In Deutschland müssen sie sich zudem während der möglichen Inkubationszeit beim Gesundheitsamt melden. Die Behörde kann anordnen, dass sie zunächst nicht arbeiten. Auch das Robert-Koch-Institut empfiehlt Heimkehrern, 21 Tage lang Kontakte zu anderen Menschen zu meiden und besser nicht zu arbeiten.

In den USA, wo freiwillige Hilfseinsätze bei Katastrophen üblich sind und von Arbeitgebern wie Krankenhäusern auch sehr wohlwollend bewertet werden, befürchten die Hilfsorganisationen nun, dass sich potenzielle Helfer von einer Einsatzzeit von sechs Wochen und weiteren drei Wochen Quarantäne abgeschreckt fühlen könnten. Hilde Mattheis warnte dennoch, dass das Risiko von Infektionen durch Heimkehrer größer werde, wenn mehr Helfer nach Westafrika gehen. Bisher tut sich das Deutsche Rote Kreuz allerdings schwer damit, geeignete Helfer für zwei Behandlungszentren in Sierra Leone und Liberia zu finden. Trotz tausender Bewerbungen von Freiwilligen hat das DRK erst etwa 200 geeignete Kandidaten gefunden. Für den Betrieb der Stationen braucht die Organisation aber noch mehrere hundert zusätzlicher Helfer.

Erste Ebola-Patientin in Mali ist tot

In Mali starb derweil das zweijährige Mädchen aus Guinea, das dort mit Ebola diagnostiziert worden war. Das Kind war von seiner Großmutter aus Guinea nach Mali geholt worden, da die Eltern des Mädchens vermutlich ebenfalls an Ebola verstorben waren. Das Mädchen und seine Großmutter waren mit Bussen mehrere hundert Kilometer weit gefahren. Zu diesem Zeitpunkt habe das Kind schon aus der Nase geblutet, war also ansteckend, berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). 43 Menschen, die ohne Schutzkleidung mit dem Kind in Berührung gekommen sind, darunter zehn Krankenschwestern und Ärzte, sind isoliert worden und werden nun beobachtet.

Mehr als 10.000 Ebola-Kranke in Westafrika

Die Zahl der Ebola-Toten ist nach Angaben der WHO auf 4922 gestiegen. Bis Donnerstag seien 10 141 Ansteckungen registriert worden, teilte die WHO in Genf mit. Die Dunkelziffer liege aber höher. Das Risiko für Ärzte und Pfleger ist weiterhin besonders hoch. 450 Menschen, die Ebola-Patienten pflegten haben sich selbst mit dem Virus angesteckt, 244 von ihnen sind gestorben. Nach Informationen der Hilfsorganisationen Unicef und Caritas International haben die Menschen in Sierra Leone sich inzwischen damit abgefunden, dass es Ebola wirklich gibt. 96 Prozent von mehr als 1000 Haushalten, die Helfer in den betroffenen Provinzen des westafrikanischen Landes befragt haben, sind inzwischen überzeugt, dass Ebola eine Gefahr darstellt. Nur noch neun Prozent der Befragten würden verschweigen, dass ein Familienmitglied erkrankt ist. Aber mehr als 90 Prozent der Überlebenden klagen über das Stigma, das mit der Krankheit verbunden ist. Und 76 Prozent der Befragten würden nicht wollen, dass jemand, der die Krankheit überstanden hat, sein Nachbar wird. mit Reuters

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