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Panorama: 13 Tote in türkischem Gefängnis In überfüllter Haftanstalt brach ein Feuer aus

Es war ein Unglück mit Ansage. Im vergangenen Jahr hatte die Anwaltskammer im südostanatolischen Sanliurfa gewarnt, im Gefängnis der Stadt herrschten unmenschliche Bedingungen.

Es war ein Unglück mit Ansage. Im vergangenen Jahr hatte die Anwaltskammer im südostanatolischen Sanliurfa gewarnt, im Gefängnis der Stadt herrschten unmenschliche Bedingungen. Besonders im Sommer sei es in den Zellen kaum auszuhalten, hatte die Kammer nach einer Inspektion berichtet – Sanliurfa ist eine der heißesten Gegenden der Türkei mit Temperaturen von derzeit fast 40 Grad. Doch die Behörden schlugen die Warnungen in den Wind – und sind so vielleicht mitverantwortlich für den Tod von 13 Häftlingen, die bei einem Brand am späten Samstagabend ums Leben kamen.

Politische Hintergründe schlossen die Behörden am Sonntag aus. In dem Trakt für politische Gefangene, in dem auch ein kurdischer Parlamentsabgeordneter einsitzt, blieb es ruhig. Doch politische Gründe brauchte es auch nicht für den tödlichen Zwischenfall in der für 600 Insassen ausgelegten Haftanstalt, in der mehr als tausend Häftlinge untergebracht sind.

Auch der Zellentrakt „C 15“ war überfüllt, geben die Behörden zu. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte, nach seinem Kenntnisstand hätten mehr Häftlinge in dem Trakt eingesessen, als vorgesehen. Die lokalen Behörden teilten mit, wegen Umbauarbeiten seien 18 Häftlinge in dem Bereich gewesen, der nur für zwölf ausgelegt war.

Aus noch ungeklärten Gründen habe es Streit im Zellentrakt gegeben. Meuterei sei aber nicht im Spiel gewesen. Kurdische Medien berichteten jedoch, es habe sich um einen Aufstand gegen die Bedingungen gehandelt.

Ein Überlebender berichtete, Matratzen seien in Brand gesteckt worden. Für die meisten Insassen des geschlossenen Traktes gab es kein Entrinnen. Fünf Häftlinge schafften es bis zur Toilette und überlebten, die anderen 13 starben an Rauchvergiftungen.

Justizminister Sadullah Ergin sagte nach einem Besuch der Brandstelle, das Gefängnispersonal habe vor brennenden Matratzen gestanden. Mit Feuerlöschern und Schläuchen sei dieser Teil des Feuers rasch gelöscht worden. Doch eine Treppe in den oberen Teil des zweistöckigen Traktes sei so verbarrikadiert gewesen, dass sie nicht durchkamen. Neun Vollzugsbeamte seien mit Brandverletzungen ins Krankenhaus gekommen.

Im Osten und Südosten der Türkei – im unruhigen Kurdengebiet – seien die Gefängnisse nun einmal ungewöhnlich voll, sagte Minister Ergin. Genau deshalb habe es die Umbauarbeiten gegeben. Sollte es ein Fehlverhalten der Behörden gegeben haben, werde dieses bestraft.

Für die Opfer und deren Angehörigen, die sich vor dem Gefängnis versammelten, kommen die Erklärungen und Zusagen der Behörden zu spät. Gerüchte über ein merkwürdig spätes Eingreifen der Gefängnisleitung machten die Runde. Versuche von Verwandten der Häftlinge, in das Gebäude vorzudringen, wehrte die Polizei mit dem Einsatz von Reizgas ab. Viele Menschen im Kurdengebiet könnten das Feuer als neuerlichen Beweis dafür sehen, dass ihr Leben für den türkischen Staat keine hohe Priorität hat.

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