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Panorama: 32 Verhaftungen im Zusammenhang mit Mafia-Morden

Polizisten umstellen San Luca / In Duisburger Pizzeria fand vor den Schüssen offenbar eine Aufnahmezeremonie statt

Noch am späten Mittwoch Abend hatte Piero Grasso, Italiens oberster Mafiajäger, eine „baldige und starke Maßnahme“ zur Bekämpfung der ’Ndrangheta angekündigt. Details nannte er nicht. Doch seine Leute umzingelten derweil das kalabrische Bergdorf San Luca. Fünfhundert Polizisten rückten aus. Als es wieder hell wurde, verkündeten sie in Reggio Calabria stolz ihre Bilanz: Sie hatten 32 Mitglieder der Mafia-Clans Pelle-Vottari und Nirta-Strangio erwischt – genau jener Familien, auf deren Dauerfehde das Massaker von Duisburg zurückgeht.

Verwandte der Opfer waren auch unter den Festgenommenen. Aber nicht alle ließen sich leicht aufspüren: Mit Presslufthammern drangen Polizisten in ein bunkerartiges Versteck unter den Wohnhäusern vor; allein dort verhafteten sie drei Personen. Auf Widerstand, so hieß es, sei man nicht gestoßen.

Währenddessen ist auch klar geworden, dass es sich bei der Duisburger Pizzeria „Da Bruno“ nicht nur um ein harmloses italienisches Lokal handelte, und dass das Fest am Abend des 14. August – kurz, bevor die Killer schossen – nicht bloß ein Geburtstagsfest für den Kellnerlehrling Tommaso Venturi war. Venturi wurde zwar in der Tat 18 Jahre alt, aber als die Polizei seine Leiche untersuchte, fand sie in der Hosentasche ein angesengtes Heiligenbildchen. Für die italienischen Experten war damit auch noch der letzte Zweifel beseitigt: Das An- oder Verbrennen von Heiligenbildchen ist zentraler Bestandteil der Aufnahme in die ’Ndrangheta. Der Finger des „Täuflings“ wird eingeritzt, es tropft ein wenig Blut auf das Papier, dann schwört der Neue bei allem was ihm heilig ist, dass er der „Familie“ auf ewig treu bleiben wird. Dann wird das Bild angezündet.

Wenn im „Da Bruno“ eine Aufnahmezeremonie stattgefunden hat, dann müssen mindestens drei andere Mafiosi dabei gewesen sein, darunter auch mindestens ein Hochrangiger. So verlangt es der strenge Ritus der kalabrischen Mafia. Einer war tatsächlich eigens für die Feier direkt aus San Luca nach Duisburg gereist – obwohl ihm die Polizei zuhause mehrfach streng bedeutet hatte, er dürfe den Ort nicht verlassen: Marco Marmo. Und der hatte nebenbei auch noch einige andere wichtige Dinge erledigt: „Ich habe die Waffen“, telefonierte er seinem Bruder Achille durch.

Ermittler gehen inzwischen davon aus, dass auch der Koch von „Da Bruno“, Sebastiano Strangio, ein dezidiertes Mafia-Mitglied war, und bei den zwei Brüdern, Marco und Francesco Pergola, die im Lokal als Kellner arbeiteten, ist der Verdacht auch gewachsen.

Die italienische Polizei sagt, dass die Verhaftungswelle in San Luca strenggenommen nichts mit dem Massaker von Duisburg zu tun habe. Aber so bekommen die hochrangigen Vertreter des deutschen Bundeskriminalamts, die wohl nicht zufällig nach Kalabrien gefahren sind, sozusagen gleich ein ganzes Panorama von Duisburg-Verdächtigen leibhaftig vorgeführt. Sie könnten, so hieß es in Italien, in der Gruppe durchaus auf die Hintermänner des Massakers stoßen.

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