zum Hauptinhalt

Aachen: Einer der zwei Geiselgangster gefasst

Ein Spezialkommando der Polizei hat einen der geflüchteten Gewaltverbrecher aus Aachen überwältigt. Sein Komplize war am Sonntagabend weiter auf der Flucht.

Den ersten Erfolg hat die Polizei in Mülheim: Das Fluchtfahrzeug der letzten Nacht. Den dunklen 5er-BMW mit dem auffälligen Kennzeichen E-PS 1010, ein Fußgänger hat ihn erkannt, hat angerufen um Viertel nach zehn Uhr morgens. Es ist das Auto, das die beiden Ausbrecher Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski am Samstag in Essen-Werden gekapert haben, nun parkt es hier in einem ruhigen Wohnviertel, fünf Fußminuten von der Innenstadt. Kurze Zeit nur observiert die Polizei das Auto, da entdeckt sie Heckhoff auch schon ganz in der Nähe. Was dann passiert, beschreibt die Polizei später als Überwältigung, „sehr schnell und sehr heftig“, wie ein Spezialeinsatzkommando (SEK) das eben macht.

Zu diesem Zeitpunkt, kurz nach 11 Uhr morgens, ist Michalski noch in der Nähe, ist in Mülheim-Mitte auf der Flucht, wird mit Suchhunden verfolgt. „Wenn da eine Kamera auftauchen sollte, befürchten wir Tote und Verletzte“, sagt Peter Elke, der Polizeisprecher von Essen/Mülheim. Denn das ist das Hintergrundrauschen bei dieser ganzen Flucht: Die Erinnerung an Rösner und Degowski, die Geiselgangster von Gladbeck 1988, die an der Spitze eines Medientrosses eine Spur mit Toten quer durch Deutschland hinter sich ließen. Gladbeck-Alarm also! Und noch etwas kommt hinzu: Die letzte große, auch durchs Ruhrgebiet rollende Geiselnahme, das war auch schon Heckhoff – im Jahr 1991.

Am Sonntagnachmittag ist die Mülheimer Innenstadt voller Polizisten in schusssicheren Westen. Streifenwagen, Mannschaftswagen, Busse, die Vermummten vom SEK. Das Einkaufszentrum „Forum“ durchsuchen sie, den Hauptbahnhof, dann wieder stellen sie Wagen auf zentralen Kreuzungen quer, um Autos zu stoppen, in den Innenraum zu schauen, in den Kofferraum. Wer die „Einkesselung“ von Essen am Samstagabend sah, die vielen Streifenwagen, der konnte nicht glauben, die beiden Ausbrecher kämen weit.

Polizei und SEK jagten durch die ganze Stadt – Hinweise auf die Ausbrecher gab es für mehr als ein Dutzend ernsthafter Einsätze. Mal wird eine aufgebrochene Laube gemeldet, mal verdächtige Gestalten, dann wieder fiel angeblich ein Schuss. So ging es den ganzen Tag, in Kettwig und in Katernberg, in Altenessen und im Ruthertal – doch alle Spuren sind falsch. Auch der Festgenommene, der Michalski ähnlich sah, kommt schnell wieder frei.

Heckhoff und Michalski saßen derweil im Haus eines Unternehmerehepaars in Essen-Werden, das sie als Geiseln genommen hatten. „Sie aßen und tranken, guckten Fernsehen, duschten, zogen sich um, und einer der beiden schlief ein paar Stunden“, berichtet am Sonntag die Polizei. Die Gangster hätten die Eheleute nach deren Angaben nicht körperlich attackiert, wohl aber mit Gewalttätigkeiten bedroht, falls sie die Polizei rufen sollten. Am Samstagabend ließen sich Heckhoff und Michalski von dem Paar nach Mülheim fahren. Da ließen sie die beiden frei und fuhren davon – nun begann die öffentliche Fahndung nach E-PS 1010.

Aber Heckhoff und Michalski, die am Donnerstagabend vermutlich mit Hilfe eines Vollzugsbeamten aus dem Aachener Gefängnis entkommen waren, blieben nochmals 15 Stunden wie vom Erdboden verschluckt. In Holland, in Belgien, sonstwo konnten sie sein, und in Werden heißt es schon: „Sie haben ja niemandem etwas wirklich Schlimmes getan.“ Eine Einschätzung, die die Polizei für grundfalsch hält: „Bei der Bevölkerung ist der Eindruck entstanden, die haben ja keinen verletzt und gucken so freundlich“, sagt Polizeisprecher Christoph Gilles in Köln: „Sie werden nicht so eingeschätzt wie Rösner und Degowski, dabei sind sie eine Gewichtsklasse mit denen.“ Und daher: Gladbeck-Alarm! mit dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false