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Die Skandalbank.

© AFP

Abgehörtes Telefonat: Bankchef verspottet Sparer als "Scheißdeutsche"

Ein geheimer Telefonmitschnitt enthüllt, wie ein Bankchef über seine Kunden denkt und wie die Anglo Irish Bank den Staat um Milliardensummen brachte. Hören Sie auch hier den Originalmitschnitt, den der "Irish Independent" veröffentlichte.

Die Aufnahmen sorgen für einen Aufschrei. Ihre Bank stand schon am Abgrund, trotzdem scherzten die irischen Top-Banker noch munter am Telefon: Mitten in der Finanzkrise, im Herbst 2008, machte sich der damalige Chef der Anglo Irish Bank über die irische Regierung und die deutschen Anleger lustig. Das zeigen jetzt Mitschnitte, die von der irischen Zeitung „Irish Independent“ veröffentlicht wurden (Originalaufnahme hier).

„Ihr nutzt die Garantie aus, das ist echt zum Lachen“, amüsiert sich Bank-Chef David Drumm in dem Telefonat mit seinem Topmanager John Bowe. Dabei ging es um eine Garantieerklärung, die von der irischen Regierung für alle Banken des Landes gemacht worden war. In der Folge machten deutsche Anleger neue Einlagen bei dem schwankenden Geldinstitut – sehr zur Belustigung der Banker. „Deutschland, Deutschland ubber alles“, stimmt Bowe später sarkastisch die erste Strophe des Deutschlandliedes an. Kurz darauf können sich Drumm und er vor Lachen kaum noch halten, so sehr amüsieren sie sich darüber, wie sie deutsche Sparer und den irischen Staat ausgenommen haben. Später beschimpfen die beiden die Anleger aus Deutschland als „Scheißdeutsche“.

„Ich habe sie mir aus dem Arsch gezogen.“

Die Telefonmitschnitte zeigen auch, mit welchen Mitteln die Bank an staatliche Milliardenhilfen kam. Anstatt den wahren Geldbedarf ihres Hauses anzugeben und damit einzugestehen, wie tief die Bank schon in der Krise steckte, logen die Manager in der Verhandlung mit der Zentralbank. Obwohl die Bank den irischen Steuerzahler 30 Milliarden Euro kosten könnte, war anfangs nur die Rede von benötigten sieben Milliarden. „Das Geld soll auch nur zur Überbrückung dienen, bis wir es zurückzahlen ... nämlich nie“, weihte Manager Bowe seinen Kollegen Peter Fitzgerald am Telefon ein. Als dieser dann fragte, wie die Zahl zustande kam, antwortet Bowe: „Ich habe sie mir aus dem Arsch gezogen.“ Mit dem tatsächlichen Bedarf der Bank hatte die Summe demnach rein gar nichts zu tun. „Das beweist, was viele schon lange befürchtet haben: Die Führungsspitze wusste, dass die Bank auf den Ruin zusteuerte und war trotzdem davon überzeugt, dass der Steuerzahler die Rechnung begleichen würde“, sagt Paul Williams, Korrespondent des „Irish Independent“.

Mittlerweile hat sich Bowe zu den Aufzeichnungen geäußert. Gegenüber dem „Irish Independent“ bestritt er vehement, die Zentralbank hinters Licht geführt zu haben. Er habe nicht einmal von einem solchen Plan gewusst. Dennoch bedaure er die Sprache und den Ton, den er in diesen Aufzeichnungen an den Tag gelegt habe. „Das war sowohl unüberlegt als auch unangebracht.“ Das aufgezeichnete Telefonat mit Manager Fitzgerald habe drei Tage nach der Insolvenz der Lehman Brothers Bank stattgefunden und sei somit in eine Zeit schwerer Verschiebungen auf den Finanzmärkten gefallen.

"Dass diese Idioten nicht im Gefängnis sind"

Mit diesen Erklärungen wird der Banker jedoch die ausgelöste Empörung nicht besänftigen können. Auf Twitter wird unter dem Hashtag #anglotapes über die Enthüllungen diskutiert. So schreibt beispielsweise ein User: „Es sagt eine Menge über dieses Land aus, dass diese Idioten nicht im Gefängnis sind.“ Die Wut der Iren auf den ehemaligen Anglo-Chef Drumm und seine Kollegen ist insofern nachvollziehbar, als die Anglo Irish Bank das ganze Land an den finanziellen Abgrund getrieben hat. In der Bankenkrise stieg die Staatsverschuldung Irlands rapide an, so dass der Staat schließlich selbst ein 85 Milliarden Euro schweres Rettungspaket bei der EU und dem Internationalen Währungsfonds beantragen musste.

Die Anglo Irish Bank selbst wurde im Jahr 2009 verstaatlicht – ein Ereignis, über dessen Eintritt die Banker in ihren Telefonaten ein Jahr zuvor noch Witze gemacht hatten. Trotz der Verstaatlichung schrieb das Geldinstitut weiter Verluste in Milliardenhöhe. 2011 wurde es endgültig abgewickelt. Der ehemalige Bank-Chef Drumm war unterdessen in die USA geflohen und hatte in Boston Insolvenz eingereicht. Er schuldete der Anglo Irish Bank insgesamt 8,5 Millionen Euro.

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